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Präsident Abdelfattah al-Sisi gibt die Schaffung eines einheitlichen Militärkommandos zur Bekämpfung des Terrorismus auf dem Sinai bekannt. Die Lage hat sich weiter verschlechtert.

Foto: EPA / Office of the Egyptian President

Die Ereignisse von al-Arish würden sich nicht wiederholen, versprach Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi am Sonntag bei einem Treffen mit Politikern und Medienvertretern. Am Donnerstag hatte eine Reihe von Anschlägen gegen militärische und staatliche Einrichtungen im Nordsinai 40 Tote und dutzende Verletzte gefordert. Genaue Opferzahlen haben die Behörden nicht veröffentlicht.

Damit schaffen sie Raum für Spekulationen und Behauptungen der Jihadisten, die von hunderten Toten sprachen. Die Verantwortung hat Wilayat Sina (Staat von Sinai) übernommen, vorher bekannt als Ansar Beit al-Maqdis, die größte der Terrorgruppen in der Unruheprovinz, die sich kürzlich dem "Islamischen Staat" (IS) angeschlossen hatte.

Der Anschlag ereignete sich weniger als hundert Tage nach dem letzten Blutbad bei einem Armee-Checkpoint in derselben Gegend, bei dem mindestens 30 Soldaten durch Terroristen getötet worden waren. In der Zwischenzeit hatte die ägyptische Armee fast täglich von Erfolgen gegen die Terroristen berichtet, Meldungen über dutzende Tote und Verhaftete verbreitet und so getan, als ob das Problem praktisch gelöst sei.

"Moral der Armee"

Die neueste Serie von Attentaten zeigt aber, dass die Fähigkeiten der Terroristen, koordiniert und mit Präzision zuzuschlagen, unverändert intakt sind. Sisi hat die Medien angewiesen, sich bei der Berichterstattung zurückzuhalten und alles zu vermeiden, was die Moral der Armee negativ beeinflussen könnte.

Auch diesmal setzt der Präsident und ehemalige Armeechef auf eine weitere Intensivierung der Militäraktionen. Zu diesem Zweck hat er ein neues Armeekommando geschaffen, das sich exklusiv mit dem Kampf gegen den Terrorismus im Nordsinai befasst. Seit der blutigen Entmachtung der Muslimbrüder im Sommer 2013 sind die Terroranschläge mehr geworden. Wilayat Sina spricht von Rache gegen diesen "Putsch", tatsächlich haben sich aber die ersten Jihadisten-Zellen in dieser Region schon vor vielen Jahren eingenistet. In der jüngeren Vergangenheit hat sich ihr Zulauf, wie auch in anderen Ländern der Region, verstärkt.

Für Sisi Muslimbrüder für Eskalation verantwortlich

Sisi macht dennoch die Muslimbrüder für die Eskalation verantwortlich. Der Terror sei der Preis für die Niederschlagung der Islamisten, erklärte er erneut, obwohl es den Behörden bis jetzt nicht gelungen ist, mit harten Fakten einen Link zwischen den Muslimbrüdern und den Jihadisten zu belegen.

Seit drei Monaten gelten der Ausnahmezustand in der Region und lange nächtliche Ausgangssperren, die eben für weitere drei Monate verlängert wurden. Erst vergangene Woche wurde zudem angekündigt, dass die Pufferzone entlang des Gazastreifens – Terroristen sollen laut Behörden über die Tunnels einsickern oder fliehen – noch einmal erweitert wird. Das heißt, weitere Familie müssen ihre Häuser räumen. Am Samstag hat ein Gericht in Kairo zudem den bewaffneten Flügel der Hamas zur Terrororganisation erklärt.

Ziviler Ungehorsam

Aktivisten in der lokalen Hauptstadt al-Arish planen jetzt Aktionen des zivilen Ungehorsams, weil ihrer Meinung nach die lokale Bevölkerung unter Generalverdacht stehe und diese Sicherheitsmaßnahmen nichts genützt hätten, sich aber die ohnehin prekäre wirtschaftliche Lage in der vernachlässigten Gegend weiter verschlechtert habe. Sisi hat angekündigt, zehn Milliarden Pfund (1,2 Milliarden Euro) für Entwicklung und Antiterrormaßnahmen aufzuwenden, aber kein umfassendes Konzept vorgelegt, das auch die 600.000 Einwohner einbeziehen und ihnen das Gefühl geben würde, Bürger erster Klasse zu sein.

Nach der Freilassung des Australiers Peter Greste am Sonntag kämpft Al-Jazeera weiter dafür, dass auch seine beiden Kollegen Mohammed Fahmy, ein kanadisch-ägyptischer Doppelstaatsbürger, und der Ägypter Baher Mohammed freikommen, die auf einen neuen Prozess warten, weil sie unwahr berichtet und die Muslimbrüder unterstützt haben sollen. Journalisten in Kairo machten darauf aufmerksam, dass mindestens noch ein weiteres Dutzend Medienschaffende in ägyptischen Gefängnissen sind. (Astrid Frefel aus Kairo, DER STANDARD, 3.2.2015)