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Tag wie Nacht vollbelegt: Erstaufnahmezentrum Traiskirchen.

Foto: APA/Punz

Traiskirchen / Wien / St. Pölten – Protestandrohungen, Ultimaten von Gemeinde und Land, vergangenen Juli dann ein von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) erwirkter Aufnahmestopp, der die Lage nicht entspannte: Die vielbeschworene "Überfüllung" des größten heimischen Flüchtlingslagers in Traiskirchen bot schon viel Anlass für Politstreit.

Das dürfte sich nach dem Beinaheerreichen der Asylwerber-Unterbringungsquoten durch die Länder mit Ende Jänner nicht ändern. Am Montag lebten rund 1.700 Flüchtlinge in den Häusern auf dem weitläufigen Lagergelände – um mehr als 1.200 Menschen mehr als jene 480, die sich dort laut einem Übereinkommen des Landes Niederösterreich mit dem Innenministerium befinden sollten. Für den Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler (SP) ist das ein Beweis "neuerlichen Scheiterns" von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

Quotenerfüllung relativiert

Da außerdem die Zahl der Erstaufnahmezentrumsbewohner auf Niederösterreichs Quartierquote angerechnet wird, relativiert dies die Quotenerfüllung durch dieses Land: Am 28. Jänner, Tag der bisher letzten Zählung, wohnte mehr als ein Viertel der 6.307 in Niederösterreich Grundversorgten in dem vom Innenministerium betriebenen Lager.

"Asylwerber, die in Bundeseinrichtungen leben, gehören auch in anderen Ländern zur Quote", sagt dazu die zuständige niederösterreichische Landesrätin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (Team Niederösterreich, vormals Team Stronach). Auch gestalte sich die Übersiedlung von Traiskirchen-Lagerbewohnern besonders schwierig: "740 von ihnen sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, weitere 200 chronisch Kranke mit besonderem Betreuungsbedarf", schildert sie.

Geldmangel – Quartiermangel

Anny Knapp von der Asylkoordination bestätigt die spezifischen Traiskirchener Quartiersuchprobleme. Grund dafür sei vor allem Geldmangel, sagt sie: "Der erhöhte Tagsatz für die Grundversorgung chronisch Kranker von 40 Euro reicht nicht, um das vorgeschriebene ausgebildete Pflegepersonal zu bezahlen." Und die 77 Euro pro Tag für unter 18-Jährige seien nur wenig mehr als die Hälfte dessen, was mindestens für Jugendfürsorgebetreuung zur Verfügung steht.

Dass in Traiskirchen viele schwer vermittelbare Asylwerber leben, sei nicht neu, sagt Knapp: "Jetzt jedoch wird die Lage virulent: 300 Minderjährige, die vorübergehend in Wien wohnten, kehren zurück." Kaufmann-Bruckberger ist dennoch zuversichtlich: "Wir werde die Belagszahl im Lager bis Jahresende reduzieren." (Irene Brickner, DER STANDARD, 3.2.2015)