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Ein vermummter Pegida-Demonstrant schwenkt in Wien die österreichische Flagge, darunter ist die Flagge des deutschen Reichs zu sehen.

AP/Hans Punz

Nach der ersten Pegida-Demonstration in Österreich kündigten die Veranstalter für kommende Woche bereits die nächste Versammlung an. Ob diese aber auch tatsächlich stattfinden wird, ist fraglich. Etliche Pegida-Teilnehmer wurden am Montagabend beim Zeigen des Hitlergrußes gesichtet. Dies könnte zu einem Verbot künftiger Märsche der islamfeindlichen Bewegung führen.

Die Polizei – mit etwa 1.200 Beamten im Einsatz – zählte am Montagabend rund 350 "patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" und ebenso viele Gegner auf der Freyung, von der aus der Marsch starten sollte. Gleichzeitig versammelten sich etwa 5.000 Menschen zu einer Gegenkundgebung beim Museumsquartier und zogen Richtung Stephansplatz los. Aufgerufen zu dem Marsch hatte die "Offensive gegen Rechts" gemeinsam mit mehreren muslimischen Organisationen. Sie wollten klarmachen, dass Pegida kein Exportschlager werden dürfe.

Beweggründe, an der ersten Pegida-Kundgebung in Wien teilzunehmen.
derstandard.at/müller & von usslar

Auf der Freyung entwickelte sich unterdessen eine Pattsituation: Die beiden Gruppierungen standen sich – getrennt durch die Polizei – gegenüber. Da die Gegendemonstranten den Weg auch nach mehr als einer Stunde nicht freigeben wollten, beendeten die Pegida-Organisatoren die Kundgebung von sich aus. Als Niederlage wollten sie dies aber nicht auffassen und kündigten für kommende Woche die nächste Veranstaltung an.

Dass es dazu kommt, ist derzeit alles andere als sicher. Wie die Polizei in einer Aussendung bekanntgab, soll Video- und Fotomaterial wegen möglicher Verstöße gegen das Verbotsgesetz ausgewertet werden. Dies "wird auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nachfolgender Versammlungen erheblichen Einfluss haben". Außerdem wurde von der Polizei vermerkt, dass sich unter den Pegida-Sympathisanten polizeibekannte Fußball-Hooligans der Wiener Fanszene befanden.

Journalisten bei ihrer Arbeit behindert

In einer vorläufigen Bilanz meldete die Exekutive 13 vorläufige Festnahmen sowie zahlreiche Identitätsfeststellungen – auch von zwei STANDARD-Journalisten – und Anzeigen auf beiden Seiten. Dass Journalisten bei ihrer Arbeit behindert wurden, hat der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) in einer Aussendung kritisiert: "Derartige Handlungsweisen widersprechen eindeutig dem österreichischen Recht und sind ein Verstoß gegen die Pressefreiheit."

Sachschäden wurden vorerst keine gemeldet, allerdings dürfte eine Aktivistin einen Nasenbruch erlitten haben. Nach Angaben der "Offensive gegen Rechts" wurde die Frau von Rechtsextremen niedergeschlagen und am Boden liegend getreten. Die Polizei konnte hierzu noch keine näheren Auskünfte geben.

Video von der Gegendemonstration.
derstandard.at/von usslar

Die Gegner feierten das vorzeitige Ende des Pegida-Marsches auf alle Fälle als Erfolg. "Dass Pegida in Wien nicht marschieren konnte, ist der Erfolg entschlossener Antifaschistinnen", verkündete die "Offensive gegen Rechts" via Aussendung.

Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser sah den Pegida-Protest "im eigenen rechten Sumpf untergegangen". Neben den Hitlergrüßen sollen auch Sprüche wie "Wer nicht hüpft, der ist ein Jude" zu hören gewesen sein, gab Steinhauser in einer Aussendung bekannt. Außerdem forderte er die FPÖ auf, sich von den rechtsextremen Vorfällen auf der Demonstration zu distanzieren. Von den Freiheitlichen nahm der frühere Dritte Nationalratspräsident Martin Graf an der Veranstaltung teil.

Pegida vermutet "Provokateure" hinter Hitlergruß

Diese Distanzierung hat Pegida Österreich mittlerweile auf ihrer Facebook-Seite vorgenommen. "Pegida Österreich distanziert sich ganz klar von rechtsextremen Personen. Es sei nochmal in aller Deutlichkeit klargestellt: Wir sind dezidiert gegen jedwede Art des politischen Extremismus", heißt es dort.

Auf Facebook und in einem Statement von Sprecher Georg Immanuel Nagel distanzierte sich schließlich auch Pegida Wien von Teilnehmern, die den Hitlergruß gezeigt haben. Die Organisation könne aber "bei aller Anstrengung nicht ausschließen, dass sich vereinzelt Provokateure – von links oder rechts – unter uns gemischt hatten, die nicht sofort aus der Masse entfernt werden konnten". Von diesen Provokationen distanziere man sich "natürlich aufs Schärfste", hieß es. Kritisiert wurde, dass Medien durch solche Berichte einen "falschen Gesamteindruck" vermitteln würden.

"Wir wissen nicht, wer dieser Mann war und warum er diese Gebärde ausführte. Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Provokateur handelt", so Nagel in einem Statement. Es könne sich um jemanden handeln, der die "linksextremen Blockierer provozieren" wollte oder um einen Provokateur, der die "friedliche und reguläre Pegida-Kundgebung" habe diskreditieren wollen.

Dass bei der gestrigen Kundgebung auch Vertreter der rechtsextremen Identitären dabei waren, stört einen "Pegida"-Sprecher nicht: "Die Identitären sind völlig unbescholten, da grenzen wir uns überhaupt nicht ab. Das ist eine interessante Jugendbewegung, die ein sehr intelligentes Programm hat." Die Teilnehmerzahl habe jedenfalls die Erwartungen der Organisatoren übertroffen.

Rufe nach Konsequenzen aus Vorfällen

Die Pegida-Demonstration und die dabei beobachteten rechtsradikalen Auswüchse haben Rufe nach politischen Konsequenzen laut werden lassen. Bundesrats-Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska (SPÖ) forderte ein Vorgehen gegen jede Form von Diskriminierung. SOS Mitmensch verlangte ein Verbot derartiger Aufmärsche, und auch die Grünen meinten, dass es dafür in Wien keinen Platz geben dürfe.

Eine "einhellige Ablehnung" der Pegida-Bewegung durch alle christlichen Kirchen in Österreich hat unterdessen der Pressesprecher der ökumenischen Stiftung Pro Oriente, Erich Leitenberger, festgestellt. Bereits im Vorfeld der Demonstration sei es zu einem Schulterschluss der christlichen Kirchen gekommen.

Pegida-"Spaziergang" in Linz angemeldet

Unterdessen hat Pegida Oberösterreich offiziell einen Marsch in Linz angemeldet. Ort und Zeitpunkt seien noch Gegenstand von Gesprächen, hieß es aus der Landespolizeidirektion. Die Gruppierung teilte auf Facebook aber bereits mit, dass ein "erster Spaziergang" am 8. Februar um 15.30 Uhr mit Treffpunkt Hauptbahnhof stattfinde. (red/APA, derStandard.at, 3.2.2015)