Castrilanthemum debeauxii, eine der seltensten Pflanzenarten der iberischen Halbinsel, ist auf einigen Bergrücken (Sierras) Ostandalusiens nur wenige Monate im Frühjahr zu sehen.

Foto: Salvatore Tomasello (Universität Regensburg)

Regensburg - Internationale Botaniker haben durch einen Zufall eine äußerst seltene Pflanze als lebendes Fossil aus dem frühen Miozän identifiziert. Die Botaniker rund um Salvatore Tomasello und Christoph Oberprieler von der Universität Regensburg arbeiteten eigentlich an einem Stammbaum der Alpen-Margeriten-Pflanzenarten. Bei der genetischen Sequenzierung stellte sich heraus, dass die verwandte und kamilleartige Pflanze Castrilanthemum debeauxii auf mehr als 15 Millionen Jahre alte Arten zurückgeht.

Die bis zu zehn Zentimeter große Castrilanthemum debeauxii wurde erstmals 1903 vom französischen Botaniker Élisée Reverchon auf einer Reise im östlichen Andalusien entdeckt. Erneut gefunden wurde sie aber erst 1978 von einem spanischen Forscher. Oberprieler und sein Kollege Robert Vogt vom Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin-Dahlem erkannten 1996 die taxonomische Unabhängigkeit von Castrilanthemum debeauxii und beschrieben sie als eigenständige Gattung.

Sie ist nach ihrem Wuchsort in der Sierra de Castril nördlich von Granada im Südosten Spaniens benannt. Trotz der Lokalisierung weiterer Populationen in den angrenzenden Bergen Ostandalusiens ist die Art immer noch eine der seltensten Pflanzenarten der iberischen Halbinsel. Sie wird in der Roten Liste der gefährdeten Arten Spaniens als "vom Aussterben bedroht" klassifiziert.

15 bis 20 Millionen Jahre alter Stammbaumast

Der Biologe Tomasello hat sich mit den Verwandtschaftsverhältnissen der Alpen-Margeriten (Gattung Leucanthemopsis) befasst. Für seine – auf molekularen Sequenzdaten fußenden – Stammbaumrekonstruktionen bezog er auch die nah verwandte Art Castrilanthemum debeauxii ein. Das überraschende Ergebnis dieser Untersuchungen war das hohe Alter des isolierten Stammbaumastes, der zu Castrilanthemum führt und schon vor 15 bis 22 Millionen Jahren von den nächstverwandten Linien abzweigt.

"Damit weist dieser isolierte Zweig auf eine geologische Epoche zurück, in der die heute mit mehr als 600 Arten in Europa und Nordafrika vertretenen Kamilleartigen – aus dem südlichen Afrika kommend – erstmals im Mediterrangebiet heimisch wurden" erklärt Oberprieler. Zwar erreicht Castrilanthemum debeauxii damit nicht das Alter des berühmten "lebenden Fossils" Ginkgo biloba (Ginkgobaum), dessen Linie seit dem Eozän vor 50 Millionen Jahren unverändert überdauert. "Für eine krautige und einjährige Pflanzenart ist das aber schon ein außergewöhnliches Alter", ergänzt Oberprieler. (red, derStandard.at, 4.2.2015)