Wien/Wals – In der Causa um den 2013 kollabierten Salzburger Baukonzern Alpine ist der langjährige Wirtschaftsprüfer Deloitte ins Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten. Im Dezember fanden in der Deloitte-Zentrale in Wien Hausdurchsuchungen statt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Prüfer unter anderem wegen Verdachts der Bilanzfälschung und Beihilfe zum schweren Betrug.

Am 10. und am 11. Dezember haben die Ermittler die Wirtschaftsprüfungskanzlei aufgesucht, geht aus dem Anlassbericht des Bundeskriminalamts vom 13. Jänner hervor. Ziel der Razzia waren sämtliche Unterlagen zu den Alpine-Jahresabschlüssen 2009, 2010 und 2011. Deloitte hatte die Bilanzen mit ergänzten Bestätigungsvermerken versehen.

In den Augen der Ermittler hätten die Wirtschaftsprüfer ihre Bestätigungsvermerke für die Bilanzen aber versagen oder zumindest "einschränken" müssen. Die finanzielle Schieflage der Alpine sei damals schon ersichtlich gewesen.

Deloitte weist Vorwürfe zurück

Deloitte hält die Vorwürfe für "völlig überzogen und haltlos", wie Partner Harald Breit am Dienstag sagte. Bei allen drei Jahresabschlüssen (2009, 2010 und 2011) habe Deloitte in Form von Ergänzungen auf Risiken in dreistelliger Millionenhöhe hingewiesen.

Die Staatsanwaltschaft wirft drei mit der Alpine befassten Deloitte-Prüfern vor, die Verhältnisse der Alpine "unrichtig wiedergegeben, verschleiert oder verschwiegen haben, wodurch die Aktiva erheblich überhöht dargestellt wurden", heißt es im Durchsuchungsbericht.

Schöngerechnete Bilanz

Für den Alpine-Bau-Jahresabschluss 2009 hätten die Prüfer unter anderem zum Ausdruck gebracht, keine Einwendungen dagegen zu haben, dass Forderungen gegenüber der polnischen Tochtergesellschaft in Höhe von 70 Millionen Euro bilanziert wurden. Und das, "obwohl die Forderungen zur Gänze wertzuberichtigen gewesen wären, weil unter Berücksichtigung der für 2009 erforderlichen Korrekturen sich ein negatives Eigenkapital in Höhe von 121 Millionen Euro ergeben hätte". Auch die Bilanz der Alpine Holding im Jahr 2009 war laut den Ermittlern schöngerechnet. So sei etwa die Haftung für einen Alpine-Bau-GmbH-Kredit in Höhe von 200 Millionen Euro nicht ausgewiesen worden.

Ähnlich das Bild 2010: Die Alpine Bau habe erneut Forderungen gegenüber ihrer Polen-Tochter (124 Millionen Euro) bilanziert, die eigentlich abgeschrieben hätten werden müssen. Die Rede ist auch von weiteren Forderungen in Millionenhöhe, die laut Strafverfolgungsbehörde nicht angesetzt hätten werden dürfen.

Schon 2010 insolvent

Bei richtiger Bilanzierung wäre die Alpine Bau GmbH spätestens im Herbst 2010 zahlungsunfähig gewesen, halten die Ermittler in ihrem Durchsuchungsbericht fest. Die Wirtschaftsprüfer von Deloitte hätten daher ihr Testat versagen müssen. Bei der Alpine Holding sei 2010 "die Unverhältnismäßigkeit zwischen den übernommenen Haftungen in Höhe von 360 Millionen Euro und der Eigenkapitalausstattung der Alpine Holding in Höhe von neun Millionen Euro" mangelhaft dargestellt geworden.

2010 wäre das Ergebnis der Alpine Bau GmbH bei richtiger Bilanzierung laut Staatsanwaltschaft um 181 Millionen Euro geringer ausgefallen, 2011 um 45 Millionen; bei der Holding hätten im Konzernergebnis des Jahres 2011 143 Millionen Euro abgezogen werden müssen.

Staatsanwaltschaft bestätigt

Die Alpine-Pleite Mitte 2013 war mit Verbindlichkeiten von 3,5 Milliarden Euro Österreichs größte seit dem Zweiten Weltkrieg und hat sei langem ein juristisches Nachspiel. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen rund 25 Personen, großteils ehemalige Konzernmanager und nun auch Deloitte. "Unter den Beschuldigten befinden sich vier Verbände", also Firmen, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Haslwanter. Er bestätigte auch, dass die Staatsanwaltschaft "Ende letzen Jahres Hausdurchsuchungen durchgeführt" hat. Um die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu wahren, könne er weder Namen noch Örtlichkeiten bestätigen.

Die Verdachtslage in der Causa sei "vielschichtig" und reiche von Bilanzfälschung, Betrug und Untreue hin zu betrügerischer Krida und grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen. "Zum einen untersuchen wir, ob bei der Bewertung von Forderungen aus unterschiedlichen Bauprojekten die Bilanzen geschönt wurden, um dadurch die Gesellschaften besser darzustellen. Zum anderen gehen wir der Frage nach, ob bei der Emission von Anleihen Anleger über die finanziellen Möglichkeiten der Alpine, das veranlagte Geld zurückzuzahlen, getäuscht wurden."

Bei den weitergehenden Vorwürfen prüfen die Ermittler, ob der Verkauf einer Alpine-Tochter zum Schaden der Gläubiger zu billig erfolgt ist und ob bei der Vergabe eines Kredits durch die Hypo Alpe Adria ausreichende Sicherheiten vorhanden waren und die wirtschaftliche Situation der Alpine richtig dargestellt wurde, erklärte Haslwanter. (APA, 3.2.2015)