Bei der Pegida-Versammlung in Wien ließen auch mutmaßliche Neonazis grüßen. Die Polizei schritt zwar ein, dennoch gab es etliche Verstöße gegen das Verbotsgesetz.

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Frage: In Medienberichten und in sozialen Internet-Netzwerken heißt es, dass sich bei der ersten Pegida-Versammlung in Wien am Montagabend viele Rechtsradikale unter die rund 350 Teilnehmer gemischt haben. Gibt es dafür Beweise?

Antwort: Es gibt Fotos von einschlägigen Aktionen, wie etwa dem Zeigen des Hitlergrußes. Gesichtet und dokumentiert wurden außerdem: Mitglieder der als extrem rechts eingestuften Identitären, Vertreter vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands als rechtsextrem eingestuften schlagenden Burschenschaft Olympia, Sympathisanten des verbotenen neonazistischen Fußball-Fanklubs "Unsterblich" und der dem neonazistischen Skinhead-Netzwerk Blood&Honour zuzurechnenden Wiener Band "Service Crew".

Frage: Ist die Polizei - wie sie auf Twitter noch während der Kundgebung ankündigte - gegen Verstöße gegen das Verbotsgesetz vorgegangen?

Antwort: Kaum. Die Polizeitaktik bei Großeinsätzen konzentriert sich routinemäßig auf etwaige Delikte gegen Leib und Leben sowie auf Vandalismus. Die Wiener Polizei hat aber am Dienstag angekündigt, dass nun umfangreich vorliegendes Videomaterial gesichtet werde und vorliegenden Verstößen gegen das Verbotsgesetz nachgegangen werde.

Frage: Kann das auch Auswirkungen auf künftige Pegida-Kundgebungen in Wien haben?

Antwort: Ja, die Polizei betonte, dass die Auswertung des Videomaterials Einfluss auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit nachfolgender Versammlungen haben kann, sprich, ob die nächste Demo wegen Verstöße gegen das Verbotsgesetz untersagt wird. Für kommenden Sonntag ist eine Pegida-Kundgebung in Linz angekündigt.

Frage: Müssen Demonstrationen genehmigt werden?

Antwort: Nein, laut Versammlungsgesetz muss eine Versammlung nur bis 24 Stunden vor Beginn angemeldet werden. Wenn die Behörde Einwände (etwa die Route betreffend) hat, muss sie sich melden und diese mitteilen. Wenn eine Versammlung strafrechtlich bedenklich ist, kann sie untersagt werden.

Frage: Was sagt Pegida zu rechtsextremen Umtrieben auf ihrer Demo?

Antwort: Der Sprecher von Pegida Wien, Georg Immanuel Nagel, hat sich von Teilnehmern, die den Hitlergruß gezeigt haben, distanziert. Er könne aber "bei aller Anstrengung nicht ausschließen, dass sich vereinzelt Provokateure - von links oder rechts - unter uns mischen". Er kritisiert, dass Medien durch ihre Berichte einen "falschen Gesamteindruck" vermitteln würden.

Frage: Unmittelbar nach Auflösung der Pegida-Kundgebung und der Gegenkundgebung direkt daneben gab es zahlreiche Identitätsfeststellungen. Auch zahlreiche Medienvertreter, darunter zwei Standard-Journalisten, waren betroffen. Ist das gerechtfertigt?

Antwort: Die Gegendemonstranten, die den Abmarsch der Pegida-Gruppe verhindert hatten, machten sich laut Polizei durch die "Störung einer Versammlung" strafbar. Da sich in diesem Bereich, um den die Polizei nach und nach einen Ring zog, auch Journalisten befanden, sei es "nicht zu vermeiden gewesen", dass auch Pressemitarbeiter abgeführt worden seien.

Frage: Gab es dabei Gewaltanwendung?

Antwort: Journalisten wurde es von der Polizei trotz mehrfacher Vorlage gültiger Presseausweise untersagt, den "Kessel" (laut Polizei das gebotene Mittel) zu verlassen. Auch er selbst sei in diesem Kessel gelandet, meinte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Anders als er wurde ein Standard-Journalist aber im Hebelgriff unter Androhung physischer Gewalt aus der Zone entfernt. Davon existiert auch ein Video. Der Österreichische Journalisten-Club (ÖJC) legte Protest ein: "Derartige Handlungsweisen widersprechen eindeutig dem österreichischen Recht und sind ein Verstoß gegen die Pressefreiheit." (Michael Matzenberger, Michael Simoner, DER STANDARD, 4.2.2015)