Sechsmal wurde in den vergangenen zehn Jahren die steuerliche Förderung für Pendler erhöht, vor allem über eine Anhebung und Ausweitung des sogenannten Pendlerpauschales. Das geschah meist in Reaktion auf gestiegene Erdöl- und Spritpreise.

Nun, da die Treibstoffpreise dramatisch gesunken und inflationsbereinigt auf dem Niveau von vor zehn Jahren sind, spricht da irgendjemand von einer Anpassung der Pendlerförderung an die neuen finanziellen Realitäten? In der Regierung jedenfalls nicht.

Dabei wäre eine Kürzung des Pendlerpauschales ein guter Weg, um Spielraum für die Tarifsenkung in der Steuerreform zu schaffen. 560 Millionen Euro kostet derzeit die Pendlerförderung – Pendlerpauschale, Pendlerzuschlag und der 2013 eingeführte Pendlereuro – im Jahr. Allein die letzte Anhebung schlägt sich mit bis zu 150 Millionen Euro zu Buche.

Einkommensgrenze für Pauschale

Um diesen Betrag könnte man problemlos die Förderungen wieder reduzieren. Zusätzlich könnte man, wie es der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) vorschlägt, das Pendlerpauschale auf Jahreseinkommen unter 50.000 Euro begrenzen, also daraus eine Hilfe für sozial Schwächere machen, für die das Pendeln mit eigenem Wagen eine tatsächliche Belastung bedeutet. Das würde 120 Millionen Euro bringen.

Und eine mutige und etwas ökologisch gesinnte Koalition würde überhaupt die gesamte Pendlerförderung abschaffen und das Geld in niedrigere Steuertarife stecken. Auch die meisten Pendler würden dann weniger Steuern zahlen als derzeit. Aber der Staat würde aufhören, Anreize zu bieten, sich einen Wohnort zu suchen, von dem aus man nur mit dem Auto zur Arbeitsstätte fahren kann.

Denn nur noch die wenigsten Pendler sind die sprichwörtlichen Billa-Kassierinnen aus dem Südburgenland, die keine Alternative zum Pendeln haben. Die Mehrheit sind Familien, die bewusst aus der Stadt in den Speckgürtel oder noch weiter gezogen sind, weil es dort billiger und angenehmer zu leben ist.

Die Allgemeinheit bezahlt das Glück

Das sei ihnen unbenommen, aber ein Teil ihres Glücksgewinns wird von der Allgemeinheit finanziert – über die Belastung durch den individuellen Autoverkehr sowie die Folgen der Zersiedelung der Landschaft und der Versiegelung der Böden. Das gehört besteuert und nicht, wie jetzt, steuerlich gefördert.

Die Steuerreform 2015 würde eine Chance bieten, diesen ökologischen und gesellschaftlichen Unsinn zu beenden. (Wünschenswert wäre auch eine Anhebung der Mineralölsteuer auf deutsches Niveau. Aber das würde den – europäisch höchst unsolidarischen – Tanktourismus beenden und dem Fiskus daher wenig bringen.)

Die Hoffnung darauf ist gering: Die SPÖ würde, als Sprachrohr der Gewerkschaften, darauf beharren, dass sich die Arbeitnehmer doch ihre Steuersenkung nicht selbst bezahlen werden. Das sollen bekanntlich nur die Millionäre.

Geld für schwarze Kernwähler

Und in der ÖVP würde vor allem der ÖAAB Zeter und Mordio schreien, wenn die Pendlerförderung angetastet wird. Schließlich profitiert davon am meisten die ländliche Mittelschicht – also schwarze Kernwähler. Wirtschaftsbündler wie Finanzminister Hans Jörg Schelling werden sich hüten, wegen dieses Themas den innerparteilichen Frieden zu stören.

Und rationale ökologisch-ökonomische Argumente haben in unserer seltsamen Diskussionskultur ohnehin kaum einen Platz. Deshalb werden Förderungen, die eigentlich nur eine vorübergehende Belastung ausgleichen sollen, zu einem wohlerworbenen Recht, das nicht mehr angetastet werden darf. (Eric Frey, derStandard.at, 4.2.2015)