"Wenn ausländische Gäste unser Haus betreten, schauen sie oft etwas verwundert", klagt Jochen Schieck, Direktor des Instituts für Hochenergiephysik, das seit Jahren auf einen Neubau wartet.

Foto: Hephy

Wien - Vor nicht einmal 27 Jahren, im Mai 1988, wurde in der Nähe des Rennwegs im 3. Wiener Gemeindebezirk jenes Gebäude eröffnet, in dem das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) demnächst nicht mehr untergebracht sein wird. Damals war dieser Ort - die ehemaligen Schlachthöfe von St. Marx - eine wissenschaftliche Wüste.

Kaum drei Jahrzehnte später ist der Ort nicht wieder zu erkennen: Am Campus Vienna Biocenter (VBC) gibt es neben den außeruniversitären Instituten IMP, Imba oder dem Gregor-Mendel-Institut (GMI) noch vier Uni-Einrichtungen, eine Fachhochschule und mehr als ein Dutzend Biotech-Unternehmen wie Valneva (1997 bis 2013 Intercell), Affiris oder Apeiron Biologics. Rund 1500 Wissenschafter und 700 Studierende aus rund 40 Ländern sorgen mit ihrer Forschung für Furore.

Konkurrenzfähige Geräte

Warum das VBC auch im internationalen Maßstab so gut dasteht, liegt auch an der exzellenten Infrastruktur, die den Forscherinnen und Forschern zur Verfügung steht: Über eine Mischfinanzierung aus Mitteln der Stadt Wien und vom Bund verfügt die "Campus Science Support Facility" für zehn Jahre über rund 50 Millionen Euro, um sich so die immer wichtigeren und auch teureren Gerätschaften für biomedizinische Spitzenforschung leisten zu können.

Um welche Dimensionen es dabei geht, veranschaulicht Harald Isemann, kaufmännischer Direktor des IMP, am Beispiel eines neuen Elektronenmikroskop, mit dem Proben in extrem tiefen Temperaturen untersucht werden können. "Da kostet das Gerät alleine zwei Millionen Euro. Dazu braucht man drei Spezialisten, die das Gerät bedienen können. So etwas lässt sich aus einfachen Projektmitteln nicht finanzieren."

Damit sind wir bei einem Thema, das nicht nur Harald Isemann umtreibt, der sich mit dem privat finanzierten IMP in einer privilegierten Position befindet: "Es fehlt seit vielen Jahren in Österreich ein systematisches Programm zur Finanzierung von technologischer Forschungsinfrastruktur." Das schließe Neubauten ebenso ein wie die immer teurer werdende maschinelle Ausrüstung. "Denn um in der Spitzenforschung mithalten zu können, muss man in der Lage sein, immer die neusten Technologien einsetzen zu können."

Michael Stampfer, Geschäftsführer des Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds, sieht die Lage sogar noch dramatischer: "Ich halte die fast völlig fehlende Infrastrukturförderung in Österreich für unser größtes forschungspolitisches Einzelproblem." Zwar versuche die Stadt Wien beispielsweise, den Universitäten durch Verzicht auf die Grundsteuer etwas Geld in die Hand zu geben, um Infrastrukturausgaben zu tätigen. Doch das sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein - im Vergleich zu den Mitteln, die etwa Universitäten in der Schweiz oder in Großbritannien in ihre Geräteparks - von Sequenzieren bis Supercomputern - stecken können.

Allzu beengte Verhältnisse

Steht man dank großzügiger Dotierungen am VBC oder etwa auch am IST Austria in Maria Gugging in puncto Infrastruktur auch international sehr gut dar, leiden viele andere Wissenschafter - zumal an den Universitäten - unter räumlich und infrastrukturell äußerst beengten Verhältnissen. Ein neues Gebäude für die weltweit renommierten Quantenphysiker in Innsbruck existiert ebenso nur auf Plänen wie ein Haus der Physik in Wien.

"Wenn ausländische Gäste erstmals unser Haus betreten, schauen sie oft etwas verwundert" sagt Jochen Schieck, Direktor des Instituts für Hochenergiephysik (Hephy) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). "Wir müssen zum Beispiel umgebaute Kellerräume als Reinräume für die Entwicklung und den Bau von Siliziumdetektoren für internationale Spitzenprojekte nützen.

"Gäbe es ein Haus der Physik, würde das eine große Stärkung für dieses Forschungsfeld bedeuten", sagt Schieck und hofft auf die Vorbildwirkung des IMP-Neubaus: "Das stärkt den Wissenschaftsstandort Wien und hoffentlich auch das allgemeine Bewusstsein, dass Investitionen in die Grundlagenforschung wichtig sind." (Lena Yadlapalli, DER STANDARD, 4.2.2015)