Auch wenn ihre Freiheit in Gefahr ist, den Humor hat die niederländische Journalistin Fréderike Geerdink nicht verloren. "Kann mir jemand Kaffee bringen?", fragte die 44-Jährige am Dienstag auf Twitter in die Runde ihrer 27.000 Follower, als sie von ihrem Interviewmarathon mit unzähligen TV- und Radiostationen berichtete. "Und das alles vom Bett aus." Mit mehr als 108.000 Tweets ist Geerdink nicht nur auf Twitter umtriebig, sie rührt auch in der Politik um. Die Journalistin muss sich in der Türkei vor Gericht verantworten. Die Anklage lautet auf "Terrorpropaganda" für die PKK, die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans.

Geerdink soll in sozialen Medien Fotos von kurdischen Jugendlichen mit der PKK-Flagge verbreitet haben. Weiters hat sie über Aktivitäten von führenden PKK-Mitgliedern geschrieben und beispielsweise deren Chef Cemil Bayik zum Interview getroffen. Für die Justiz Gründe genug, sie der "Terrorpropaganda" zu bezichtigen. Der Staatsanwalt fordert zwischen einem und fünf Jahren Haft.

Geerdink berichtet aus einem Land, das laut seinem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein Hort der Presse- und Meinungsfreiheit ist. Es gebe in der Welt "keine freiere Presse" als in der Türkei, behauptete er erst Anfang Jänner – wie zum Hohn nur wenige Stunden vor der Festnahme Geerdinks in der osttürkischen Stadt Diyarbakir.

Als freie Autorin berichtet die Niederländerin seit 2006 aus dem Land. Zu ihren Auftraggebern zählen renommierte Medien wie die britische Zeitung "Independent" und das Nachrichtenportal "Al-Monitor" mit Fokus auf den Nahen Osten.

Nach ihrer Journalistenausbildung in Zwolle arbeitete Geerdink zunächst für Zeitungen und Magazine in den Niederlanden, um später in ihrem journalistischen "Traumland" zu landen, wie sie schreibt, der Türkei. Trotz der Repression, die sie in ihrem Blog "Kurdish Matters" kritisiert. Als Stachel im Fleisch der reaktionären Eliten beschäftigt sie sich bereits seit Jahren mit der Situation der Kurden in der Türkei. Unbeliebt hat sie sich auch mit einem anderen Projekt gemacht. 2014 schrieb sie ein Buch über das Blutbad nahe Roboski, wo im Dezember 2011 türkische Kampfjets 34 Kurden töteten, weil sie PKK-Kämpfer vermuteten. Von Einschüchterung ist trotz Anklage keine Spur. "Ich bin nicht allein", twittert Geerdink in Richtung ihrer Unterstützer. "Das bedeutet sehr viel." (Oliver Mark, DER STANDARD, 4.2.2015)