Alle reden sie hier über diesen amerikanischen Schnee. Der sei speziell, ganz anders als der europäische. "Lässig" findet ihn etwa Elisabeth Görgl. "Man bekommt sofort etwas zurück", sagt sie. Nicole Hosp mag ihn auch, weil er ihr als feinfühliger Läuferin entgegenkomme. Jedenfalls ein Adjektiv fällt immer wieder, wenn über den amerikanischen Schnee gesprochen wird: aggressiv. Ich kann mir darunter ja wenig vorstellen - mag sein, dass es daran liegt, dass ich meine aktive Karriere als Skifahrerin schon vor Jahren beendet habe, ohne je auf amerikanischem Schnee dahingebrettert zu sein. Doch wenn ich schon einmal vor Ort bin, habe ich mir gedacht, nutze ich die Chance und unterziehe ihn einem Aggressivitätstest. Und da es sich um amerikanischen Schnee handelt und der Test auch wirklich authentisch sein soll, schlage ich sicherheitshalber nach, wie Merriam-Webster, das US-Pendant zum Duden, "aggressive" definiert: "ready and willing to fight, argue, etc.; feeling or showing aggression".

Ich habe wirklich alles versucht. Ich habe den Schnee angeschrien, ich habe ihn niedergetrampelt, ich habe ihn sogar mit sich selbst beworfen. Da kam nichts zurück. Keine Aggression, kein Kampfeswille. Nicht einmal ein Schneeball. Gar nichts. Auf einen Unterschied des amerikanischen Schnees im Vail Valley zum europäischen, im Speziellen zum Wiener Schnee, bin ich dann doch gekommen. Jener in Wien, so überhaupt vorhanden, ist allzu gerne grau, gatschig und matschig. Der ist dann zwar nicht aggressiv, könnte es aber machen. (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 5.2.2015)