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Udo Lattek wurde achtmal deutscher Meister. Von 1972 bis 1974 sowie erneut von 1985 bis 1987 führte er den FC Bayern zum Titel, 1976 und 1977 tat er selbiges mit der Borussia aus Mönchengladbach.

Foto: EPA/Rolf Vennenbernd

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Eine von vielen Erfolgsgeschichten: Udo Lattek mit Karl-Heinz Rummenigge (li.) nach dem Gewinn des DFB-Pokals 1984.

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Wien – Es begann mit starkem Gegenwind, als Udo Lattek im Frühjahr 1970 das Traineramt beim FC Bayern von dem in Ungnade gefallenen Branko Zebec übernahm. Franz Beckenbauer hatte sich für den Assistenten von DFB-Bundestrainer Helmut Schön starkgemacht, man kannte einander schließlich vom Nationalteam. Die zahlreichen Kritiker allerdings bemängelten, dass der erst 35-jährige Lattek nur Erfahrung als Trainer der Jugendnationalmannschaft, jedoch keinerlei als Vereinstrainer vorweisen konnte.

Der sich bald einstellende Erfolg sollte die Kritiker allerdings jäh verstummen lassen. Lattek ergänzte das Team um Beckenbauer, Sepp Maier und Gerd Müller unter anderem um die Jungteamspieler Paul Breitner und Uli Hoeneß, und nach Vizemeistertitel 1970 und Pokalsieg 1971 folgte schon 1972 der erste Meistertitel für die bayerische Kickmetropole. Ein Titel als Startschuss für eine schier beispiellose Karriere, die Lattek mit insgesamt 14 Titeln zum erfolgreichsten deutschen Vereinscoach werden ließ.

Langes Leiden

Wie am Mittwoch bekannt wurde, ist der legendäre Trainer bereits am Sonntag, knapp drei Wochen nach seinem 80. Geburtstag, in einem Kölner Pflegeheim verstorben. Lattek hatte 2010 einen Schlaganfall überlebt, wurde zweimal wegen gutartiger Tumore am Gehirn operiert, er litt an Parkinson und Altersdemenz.

Lattek, geboren im ostpreußischen Bosemb, heute Polen, wurde im Zweiten Weltkrieg mit seiner Familie vertrieben und kam so nach Westdeutschland. Seiner Leidenschaft Fußball frönte er als Amateurkicker beim SSV Marienheide, bei Bayer 04 Leverkusen, VfR Wipperfürth und VfL Osnabrück, wo er in 70 Spielen 34 Treffer verbuchte. Mehr als Ober- und Regionalliga war allerdings nicht drin. Einmal mehr bewahrheitete sich die These, dass große Trainer nicht zwangsläufig begnadete Fußballspieler gewesen sein müssen. Lattek galt als gewiefter Taktiker und Psychologe unter den Trainern. Gut möglich, dass ihm dabei das Mathematik- und Physikstudium in Münster zugute kam.

Erfolgreicher Titelhamster

In München jedenfalls sorgte Lattek mit seiner offenen und direkten Art für eine Erfolgsgeschichte, wie sie ihresgleichen sucht. Aus dem FC Bayern formte er die stärkste deutsche Vereinsmannschaft und hamsterte gleich sechs Meistertitel (1972, 1973, 1974, 1985, 1986, 1987) und drei Pokalsiege (1971, 1984, 1986) ein. Zwischendurch führte er auch Borussia Mönchengladbach (1976 und 1977) zweimal zu Meisterehren.

Doch nicht nur national konnte er sich bewähren, auch international räumte Lattek quasi alles ab, was es abzuräumen gab. Die Bayern führte er 1974 als erste deutsche Mannschaft zum Gewinn des Europacups der Landesmeister, 1979 holte er mit Mönchengladbach den UEFA-Cup und 1982 mit dem FC Barcelona den Europacup der Cupsieger. Damals machte er auch Bekanntschaft mit Diego Maradona. Das Verhältnis soll allerdings nicht das beste gewesen sein. Als Lattek den Mannschaftsbus einmal ohne den zu spät gekommenen Maradona abfahren ließ, waren seine Tage als Trainer von Barça gezählt. Kurz darauf wurde er entlassen und durch den Argentinier César Luis Menotti ersetzt.

Nach den Bayern war Lattek beim 1. FC Köln als Technischer Direktor tätig und trainierte sowohl Schalke 04 als auch Borussia Dortmund. Die Gelb-Schwarzen führte er 2000 aus der Abstiegszone. Später war er vor allem als Zeitungskolumnist und Experte in der TV-Sendung "Doppelpass" bei Sport 1 präsent.

Aus der Sendung "Doppelpass": Uli Hoeneß vs. Udo Lattek.
SPORT1

Legendär waren nicht nur seine Erfolge, sondern auch manche Sager. So zum Beispiel seine 2010 von der Deutschen Akademie für Fußballkultur prämierte Aussage: "Im Kölner Stadion ist immer so eine super Stimmung, da stört eigentlich nur die Mannschaft."

Bestürzte Reaktionen

Die Größen des deutschen Fußballs reagierten am Mittwoch erschüttert und würdigten Latteks Verdienste. "Er war nicht nur der erfolgreichste Trainer der Bundesliga-Geschichte, sondern eine herausragende Persönlichkeit des deutschen Fußballs. Seine Meisterschaften und Titel werden uns allen ebenso in Erinnerung bleiben wie seine direkte, aber immer liebenswerte Art. Udo Lattek war schon zu Lebzeiten eine Legende, er wird uns fehlen", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Der Verband hatte Lattek 2012 für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

"Ich hatte gehofft, dass ihm die Krankheit noch gute Tage lässt", twitterte Beckenbauer angesichts der Tatsache, dass Lattek am 16. Jänner noch im kleinen Kreis in Köln seinen 80. Geburtstag gefeiert hatte.

Tief betroffen zeigte sich auch Karl-Heinz Rummenigge. "Mit ihm verlieren wir einen der großen Männer des FC Bayern, einen persönlichen Förderer und Freund", sagte der Bayern-Vorstandschef. Lattek hinterlässt seine Ehefrau Hildegard und zwei Töchter. (Thomas Hirner, derStandard.at, 4.2.2015)