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Eine Ehrenparade marschiert zu Dschingis Khans Geburtstag vor dem Dschingis-Denkmal am Dschingis-Platz in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator auf. Der legendäre Herrscher ist aber auch genetisch bis heute präsent.

Foto: Reuters/RENTSENDORJ BAZARSUKH

Leicester/Wien - Dschingis Khan ging als legendärer Eroberer in die Geschichtsbücher ein: Er einte vor rund 800 Jahren die mongolischen Stämme und unterwarf weite Teile Zentralasiens und Nordchinas, sein berüchtigtes Heer drang bis nach Osteuropa vor. Zum Zeitpunkt seines Todes, vermutlich im Jahr 1227, erstreckte sich sein Großreich über eine beeindruckende Fläche von 19 Millionen Quadratkilometern. Unter seinen Nachkommen dehnte sich der mongolische Herrschaftsbereich noch weiter aus - zum bislang größten zusammenhängenden Reich überhaupt.

Es war aber nicht die territoriale Ausbreitung allein, die Dschingis Khan und seinen Nachfolgern einen Platz in der Geschichte sichern sollte: Wie Forscher bereits vor einigen Jahren herausfanden, dürften rund 16 Millionen heute lebende Männer das Erbe des Großkhans und seiner nahen männlichen Verwandten in sich tragen. Eine genetische Signatur im Y-Chromosom lässt diesen Schluss zu, auch wenn der endgültige Beweis in Form der sterblichen Überreste des Herrschers bis heute fehlt.

Neun unbekannte Linien

Eine ähnlich nachhaltige Fortpflanzung wurde seither aber auch zwei anderen Herrscherfamilien zugeschrieben: So dürften rund eineinhalb Millionen Menschen in Nordchina und der Mongolei vom Stammesfürsten Giocangga abstammen, dem Großvater des Begründers der Qing-Dynastie. Höchst erfolgreich in Sachen genetischer Verbreitung war auch die mittelalterliche irische Uí-Néill-Dynastie.

Nun berichten Forscher im Fachblatt "European Journal of Human Genetics" von der Entdeckung neun weiterer bis heute präsenter Abstammungslinien in Asien: Die Wissenschafter um Mark Jobling von der Universität Leicester analysierten dazu die Y-Chromosome tausender Männer aus 127 Populationen. Elf Gensequenzen tauchten dabei häufiger auf: jene, die Dschingis Khan und Giocangga zugeordnet werden, sowie neun weitere Linien, deren Urväter allerdings noch nicht identifiziert werden konnten.

Soziopolitische Faktoren

Auch wenn die Identität dieser Männer also vorerst im Dunkeln bleibt, lässt sich aus der zeitlichen und räumlichen Eingrenzung einiges herauslesen. Jobling und Kollegen datieren die Ursprünge der neun Linien vorsichtig auf zwischen 2100 vor und 700 nach Christus und ordnen einige davon sesshaften, andere nomadischen Gesellschaften zu.

Zu einer derart weitreichenden genetischen Verbreitung können aber nur soziopolitische Voraussetzungen innerhalb dieser Gesellschaften geführt haben - allen voran die Polygynie. Für Dschingis Khan und Giocangga ist diese Praxis auch bekannt: Sie zeugten Kinder mit hunderten Frauen. (David Rennert, DER STANDARD, 5.2.2015)