Die in diesem Gestein entdeckten Mikroben-Überreste aus Australien gleichen Schwefelbakterien, die vor der Küste Chiles vorkommen.

Foto: Schopf/UCLA

Los Angeles / Wien - US-Wissenschafter haben einen Organismus entdeckt, der sich seit über zwei Milliarden Jahren nicht weiterentwickelt hat. Dass das vermutlich älteste "lebende Fossil" einen solchen evolutionären Stillstand erlebte, liefert nicht etwa einen Anlass, an der Evolution zu zweifeln - das Gegenteil ist der Fall: Wie die Forscher um J. William Schopf von der University of California in Los Angeles im Fachjournal "PNAS" schreiben, bestätigt die Kreatur vielmehr die Gültigkeit der Evolutionstheorie.

Konkret geht es um ein Tiefseebakterium, das von der Oxidierung von Schwefelverbindungen lebt. In Felsformationen im Westen Australiens haben die Wissenschafter kürzlich die Überreste der 2,3 und 1,8 Milliarden Jahre alten Mikroben gefunden, die einer auf dem Meersboden vor der chilenischen Küste florierenden Bakterienart exakt gleicht.

Immer gleiche Umweltbedingungen

"Es scheint verblüffend, dass es Lebewesen gibt, die sich in mehr als zwei Milliarden Jahren nicht verändert haben - das ist beinahe die Hälfte der gesamten Erdgeschichte", meint Schopf. Der Geowissenschafter erklärt das Phänomen mit einer Grundregel der Biologie: Ein Organismus entwickelt sich nicht weiter, solange sich seine Umwelt nicht verändert. Und hier liegt der Schlüssel zu den Methusalem-Bakterien aus der Tiefsee. Schopf und seine Kollegen sind davon überzeugt, dass die Umweltbedingungen im Lebensraum der Mikroben in den vergangenen Jahrmilliarden weitgehend gleich geblieben sind.

Durch die perfekte Anpassung an die sauerstoff- und nährstoffarmen, aber sulfat- und nitratreichen Sedimente bestand also keine Notwendigkeit für die Einzeller, sich zu verändern. "Im Gegenteil", sagt Schopf. "Hätten sie sich dennoch weiterentwickelt, dann müssten wir unser Verständnis von Darwins Evolutionstheorie überdenken." (tberg, DER STANDARD, 5.2.2015)