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RTL-Steuer in Ungarn: Viktor Orbán muss einlenken.

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Auf Druck der EU-Kommission muss die ungarische Regierung die diskriminierende Reklamesteuer für Medien fallenlassen. Die im Vorjahr eingeführte, progressive Abgabe bemisst sich an den Werbeeinnahmen und ist letztlich so gestaltet, dass der Privatsender RTL Klub als einziges Unternehmen den Höchststeuersatz von 50 Prozent berappen muss. "Ich werde die Senkung der Reklamesteuer sowie die Einführung eines einheitlichen statt der bisher progressiven Steuersätze vorschlagen", sagte Kanzleramtsminister János Lázár der staatlichen Nachrichtenagentur MTI. Der Politiker gilt als rechte Hand des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán.

Die Reklamesteuer wurde überraschend im vergangenen Juli eingeführt, und zwar rückwirkend, sodass die Abgabe mit Jahresbeginn anfiel. RTL Klub, eine Tochter der deutschen RTL-Gruppe, musste damals noch 40 Prozent auf die Werbeumsätze abdrücken. Der Sender mit der größten Reichweite in Ungarn agierte bis dahin als fast reines Boulevard-Medium ohne nennenswerte politische Nachrichtenprogramme. Doch Oligarchen aus dem Kreis Orbáns hatten ein Auge auf ihn geworfen. Die neue Steuer sollte ihn wirtschaftlich so sehr schädigen, dass er reif für die Übernahme geworden wäre.

Neue Positionierung

Doch die Programmmacher von RTL Klub begannen, die bislang von Katastrophen- und Verbrechensmeldungen ausgefüllten Nachrichtensendungen mit harten politischen News anzureichern. Korruptionsfälle aus Orbáns Umkreis und die unerklärbaren Vermögenszuwächse von Regierungspolitikern wie Minister Lázár wurden zur besten Sendezeit thematisiert. Die Seherzahl verdoppelte sich. Die Regierung erhöhte "zur Strafe" den Höchststeuersatz auf 50 Prozent.

RTL Klub klagte vor der EU-Kommission, weil all dies marktverzerrend und mit dem EU-Recht unvereinbar schien. Tatsächlich sah das die Kommission auch so. "Die Regierung musste abwägen, ob sie einen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang oder eine gütliche Einigung anstrebt", sagte Lázár. Voraussichtlich wird es künftig einen einheitlichen Steuersatz von fünf Prozent geben.

Zuletzt hatte die Orbán-Regierung auch direkt mit der RTL-Gruppe verhandelt. Dies nährte in Budapest Gerüchte, wonach sich die Konzernmutter auf einen "Kuhhandel" einlassen würde: Budapest fährt die Reklamesteuer substanziell runter und RTL Klub berichtet weniger kritisch. Konzernchefin Anke Schäferkordt bestritt dies am Wochenende in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" entschieden. Aber auch Lázárs Erklärung legt nahe, dass die "Gegenleistung" von RTL einfach darin bestehen könnte, die Klage vor der EU-Kommission zurückzuziehen. (Gregor Mayer aus Budapest, DER STANDARD, 5.2.2015)