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Petrobras-Mitarbeiter setzen ein Zeichen des Protests vor der Zentrale des brasilianischen Ölkonzerns in Rio de Janeiro. Korruption beschäftigt das Land seit langem.

Foto: AP/Izquierdo

Brasiliens berüchtigter Schleudersitz ist frei. Nach dem Rücktritt der Chefin des mächtigen halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras, Graça Foster, wird hinter den Türen des Präsidentenpalastes händeringend nach einem Nachfolger gesucht. Eigentlich wollte Präsidentin Dilma Rousseff den Weg für einen Neuanfang des von Korruptionsskandalen belasteten Energieriesen freimachen, sich aber mehr Zeit mit der Causa Petrobras lassen. Stattdessen scheint die Nachfolgesuche nun auf eine Notlösung hinauszulaufen.

Immer wieder werden neue Namen für den Chefposten gehandelt. Brasilianische Medien schreiben von einer Kamikazeposition, die kein Manager haben wolle.

Seit einem Jahr lastet die Korruptions- und Geldwäscheaffäre von Petrobras wie Blei über Brasiliens Politik und verhagelte Rousseff fast die Wiederwahl im Oktober. Von 2004 bis 2012 soll durch überhöhte Vertragsabschlüsse Geld in Millionenhöhe an politische Parteien, vor allem an die regierende Arbeiterpartei und ihre Koalitionäre, geflossen sein. Der Hauptverdächtige, Ex-Petrobras-Manager Paulo Roberto Costa, belastete auch die Präsidentin und warf ihr vor, von den Machenschaften gewusst zu haben. Rousseff war zu der Zeit Energie- und Präsidialamtsministerin, wies aber jede Verwicklung zurück.

2014 kann als das wohl schwärzeste Jahr in der 60-jährigen Geschichte von Petrobras gelten: Der Gewinn brach ein, und das Unternehmen verlor im Vergleich zum Vorjahr 37 Prozent an Wert.

Zumindest die Börse bejubelte den ihrer Meinung nach längst überfälligen Abgang von Foster. Die Petrobras-Aktie stieg um 15 Prozent. Doch unklar ist, wie es mit dem einstigen Vorzeigekonzern weitergeht. Immer neue Details kommen ans Licht, die auf einen seit mehr als 30 Jahre währenden Korruptionssumpf schließen lassen. Für viele Experten ist dies keine Überraschung, musste doch der halbstaatliche Konzern allzu oft als Selbstbedienungsladen für die Politik herhalten.

"Graça Foster ist nicht für die Probleme verantwortlich, sie war nicht einmal schlecht für Petrobras", sagt auch Samy Dana von der Wirtschaftsuniversität Getúlio Vargas in São Paulo. Der neue Konzernchef müsse jetzt vor allem das internationale Ansehen von Petrobras wiederherstellen. "Das ist eine der wichtigsten Aufgaben", sagt Dana.

Einstiger Stolz Brasiliens

Petrobras war lange der Stolz der brasilianischen Wirtschaft. Mit einem Großteil der Gewinne wurden die umfangreichen Sozial- und Bildungsprogramme der Regierung finanziert. Doch nicht nur der sinkende Ölpreis, auch die Schwerfälligkeit des Unternehmens verhagelte die Bilanz. So wurde unter der Ära Foster die Ölförderung um 30 Prozent reduziert, was zu der absurden Situation führte, dass Erdöl importiert werden musste. Dieses wurde dann zu einem subventionierten Preis als Benzin an den Tankstellen verkauft. Kein Wunder, dass aus der Opposition und der Wirtschaft immer wieder Forderungen nach Teilprivatisierung und Entbürokratisierung laut wurden.

Doch Petrobras wird in der brasilianischen Politik als heilige Kuh behandelt. Rousseff versprach zwar "kompromisslose Aufklärung" und verkündete, Petrobras vor "seinen inneren und äußeren Feinden" schützen zu wollen. Nur stellte sie nicht klar, dass diese vor allem aus den eigenen Reihen kommen. (Susann Kreutzmann aus São Paulo, DER STANDARD, 6.2.2015)