Wenn die Sonne einhundert Jahre lang auf ein Brett geschienen hat, dann ist in diesem Brett etwas gespeichert, sagt Hubert Baumgartner. Da steckt Wärme drin und die Wettergeschichte einer sehr langen Zeit, aber auch die Spuren, die der Gebrauch des Holzes hinterlassen hat. Und natürlich das Handwerk, die alte Technik, mit der ein Balken dermaleinst bearbeitet worden ist. Eichenholz aus einem Stall beispielsweise weist aufgrund der jahrzehntelangen Einwirkung des Ammoniaks eine tief dunkle Farbe auf.

Der spitzwinkelige Grundriss des Altholz-Ideenhauses in Inzersdorf im Kremstal vereint Offenheit und Privatsphäre.
Foto: www.altholz.net

Von alldem war Hubert Baumgartner schon immer fasziniert. Der gebürtige Inzersdorfer hat im nahe gelegenen Schlierbach - ja, das mit dem Käse! - am Gelände eines ehemaligen Sägewerks direkt unter dem berühmten Stift eine Altholzfirma aufgebaut. Heute arbeiten dort vierzig Mitarbeiter an der Wiederaufbereitung des sympathischen Rohstoffs. Altholz wird abgebaut und zur Weiterverarbeitung hergerichtet: reinigen, trocknen, bürsten, ölen etc.

Handgehacktes und Sonnenverbranntes

Die Schönheit und Wohnlichkeit von Altholz in seinen diversen Formen kann vor Ort jeder genießen. Denn das aus drei großen Appartments bestehende Altholz-Schauhaus der Firma steht auch Feriengästen offen. Dort findet man viel Handgehacktes und Sonnenverbranntes.

Neues Altholz-Design mit tradierten Mustern.
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Das Haus wurde nach der Holzrahmenbauweise errichtet, das heißt, die Zwischenräume des Holzgrundgerüsts sind mit Schaf- und Holzwolle gefüllt, das Ganze wurde dann mit Lehm verputzt, Solaranlage drauf und fertig. Dieses gut isolierende und doch atmungsaktive Baumaterial sorgt für ein angenehmes Wohnklima. Jedes Appartment verfügt über einen Kamin, über Holzwände, Holzduschen (auch Wanne, nicht aus Holz) und Retro-Holzmöbel. Herzstück der Wohnung "oak" ist ein aus einem verkohlten Eichenblock gearbeiteter, gebürsteter und geölter Tisch, ein Unikat, das auch zu kaufen ist.

Material mit Vergangenheit

Aber nicht nur das im Haus verwendete Holz ist alt, auch andere Materialien wie Fliesen oder Steine haben ihre Vergangenheit - und auf die kommt es an, nicht auf das Alter an sich. So stammen etwa die himmelblau-grauen Badezimmerfliesen aus Wiener und Prager Häusern. Aus alten Fenster- und Türsteinen besteht das wuchtige Kaminportal im Appartement "granite". Liebevoll sind Innentüren mit alten gemusterten Glasscheiben versehen oder antiquarische Türschnallen eingebaut. Menschen, die auf Patina stehen, sind hier richtig.

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Natürliche Mineralfarben (gewissermaßen zerriebener Stein) werden zur etwaigen Färbung der Holzoberflächen verwendet, mit welchen Christian Loikits dann hauseigene Designs entwirft. Die dafür zugrundeliegenden Fischgrät- oder Kubenmuster sind althergebracht, übernommen aus alten Gemäuern und dem darin befindlichen Mobiliar. Die Mineralfarben kleben nicht, sondern sind von kristalliner Struktur, die ins Holz eindringt und so die Oberflächenmaserung sichtbar macht. Das bringt Pepp in die Braun- und Grautöne des Altholzes.

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Das meiste Altholz kommt, weil der Waldbestand dort am prächtigsten war, aus den ehemaligen Kronländern. Aber auch jedes abzutragenden Heustadels der näheren Umgebung nimmt sich Hubert Baumgartner an. Von den Wohnzimmern des auf einer Anhöhe errichteten Ferienhauses blickt man auf einen solchen erhabenen Stadl hinab. Ihn hat Baumgartner vor dem Abriss gerettet, sprich andernorts abgetragen und hier wieder aufgestellt. Allabendlich erhellt sich eines der kleinen Fenster dieses Stadels - dann heißt es, gute Nacht den Hendln.

Herausforderung für die Wadeln

Gut schlafen tut man selber aber auch. Das ist Voraussetzung für die Tagesaktivitäten, die sich vor Ort anbieten. Ein Katzensprung ist es zum in Sichtweite befindlichen Stift Schlierbach. Auch Kremsmünster ist nicht weit. Zudem ist man in einer halben Stunde im Skigebiet von Hinterstoder, ebenso schnell in Gmunden am Traunsee. Aber auch die Berge vor der Haustür wie der Pernecker Kogel fordern die Wadeln heraus. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 7.2.2015)