Peter Pilz, Edit Schlaffer, Armin Mandara und Dudu Kücükgöl diskutierten mit Moderatorin Gudrun Harrer in Wien über das Phänomen der Foreign Fighters.

Foto: Thomas Press/Informationsbüro des EP

Was hat der Terror der IS-Miliz in Syrien und dem Irak mit Europa zu tun? Wie mit dem Phänomen der Foreign Fighters umgehen? Was kann getan werden, um das Problem zu bekämpfen? Und was hat das alles mit dem Islam zu tun? Darüber diskutierten am Donnerstagabend im Haus der Europäischen Union in Wien Edit Schlaffer, Soziologin und Initiatorin einer Anti-Terror-Plattform für Frauen, Dudu Kücükgöl von der Muslimischen Jugend Österreich, Armin Mandara, freier Journalist aus Oberösterreich, und der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz mit Gudrun Harrer vom STANDARD.

Tenor der Runde war, dass es nach wie vor zu wenige Ansätze in der Zivilgesellschaft gibt, um zukünftigen Terrorismus oder die Radikalisierung von Jugendlichen zu verhindern. "Wir sehen eine hysterische Ankündigungspolitik, in der nun überlegt wird, wem man die Pässe wegnehmen kann und wegsperren kann", so Edit Schlaffer. Aber wie beispielsweise eine ideale Strategie zur Reintegrierung von radikalisierten Jugendlichen funktionierten könnte, darüber gebe es viel zu wenig Austausch. Geld dafür werde auch nicht in die Hand genommen.

Perspektivenlosigkeit

Eine Kernfrage am Podium war, wodurch der Prozess einer Radikalisierung ausgelöst wird. Dudu Kücükgöl betonte, dass die Jihadisten aus sozialen Brennpunkten stammten, mit Kriminalität und Drogen in Berührung stünden und nur wenig Ahnung von Religion hätten. "Wenn selbst Studenten vor einem unsicheren Lebensweg stehen und um ihre Perspektiven fürchten, betrifft das andere am Rande der Gesellschaft doch noch viel mehr", argumentierte Schlaffer. Die soziale Schieflage, ökonomische Entfesselung und Perspektivenlosigkeit in der europäischen Gesellschaft seien nicht zu übersehen.

"Homosexuelle schlimmer als Tiere"

Armin Mandara, der selbst in Kontakt mit einem oberösterreichischen Jugendlichen steht, der sich ursprünglich der IS anschließen wollte, dann aber doch zu Hause blieb, sieht jedoch auch die Religion als starken Inputgeber, der es erst ermögliche, Anhänger einer radikalen, gewaltorientierten Ideologie zu werden. "Der Islam stellt das Fundament zur Rechtfertigung dieser Gräueltaten dar", so Mandara, der bosnisch-muslimischen Ursprungs ist. Er selbst habe schon Imame in Linz Gewalt in ihren Predigten legitimieren gehört. Und auch, dass "Homosexuelle schlimmer als Tiere" seien. Solange das über Moscheen verbreitete Gedankengut nicht thematisiert werde, könne man das Problem auch nicht in den Griff bekommen.

Schlaffer riet ebenfalls, kritisches Denken und die Werte der Aufkärung als hauptsächliche Waffe gegen Radikalisierung einzusetzen. Deshalb sei die Einbeziehung von Müttern der Jihadisten beispielsweise sehr wichtig. "Die Mütter sind näher dran als jeder Geheimdienst", so Schlaffer. Auch mit jenen Jugendlichen, die schon in Syrien und dem Irak kämpfen, gebe es regelmäßig Austausch über SMS. Die Begeisterung über das Abenteuer lasse meist nach sechs Monaten nach: "Dann kommen die ersten Jammermeldungen über so banale Dinge wie das Essen."

Gefahr der Spaltung

Dass Österreich bei der Rekrutierung von Jihadisten, die oftmals tschetschenischer Herkunft sind, im negativen Spitzenfeld liege, sieht Peter Pilz auch in der schlechten Asylpolitik begründet: "Sie wissen, dass sie schlechte Chancen bei den Asylverfahren haben. Die Abschiebesituation ist unbefriedigend, wer es doch schafft, hat wenige positive Anknüpfungspunkte in der Gesellschaft."

Einig waren sich die Diskutanten darin, dass es keine unmittelbare Terrorgefahr in Österreich gibt. Kücükgöl warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft, die sich etwa in Diskriminierungserfahrungen und Übergriffen gegen Muslime zeige. Pilz verortete die Gefahrenquellen für Europa ebenfalls im inneren Gefüge: "Am Nationalismus und Rechtsextremismus kann die EU zerbrechen, aber sicher nicht am islamistischen Terror." (tee, derStandard.at, 6.2.2015)