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Die Trennung von Unfallchirurgie und Orthopädie ist ein Auslaufmodell.

Foto: AP Photo/Nam Y. Huh

Sie sind nicht wirklich EU-kompatibel: Österreichs Unfallchirurgen. Denn diese medizinische Disziplin gibt es in anderen Ländern der EU nicht. So haben diese heimischen Fachärzte auch nicht die Möglichkeit, an ein Spital im EU-Ausland zu wechseln. Mit der Trennung von Unfallchirurgie und Orthopädie nahm Österreich international bisher eine Sonderstellung ein. Jetzt werden die Fachrichtungen zusammengeführt, und am 1. Juni tritt das neue Curriculum für Orthopädie und Traumatologie in Kraft.

Internationale Anpassung

Bereits 2012 hatte das Gesundheitsministerium die Adaptierung eingefordert und erteilte den beiden Fachgesellschaften Unfallchirurgie und Orthopädie den Auftrag, ein EU-konformes Fach zu schaffen. Aber nicht nur die Angleichung an internationale Standards war Grund für die Strukturanpassung.

Der Rückgang der Anzahl schwerer Unfälle und die Zunahme von altersbedingten degenerativen Erkrankungen (z. B. Abnutzung der Hüften oder der Kniegelenke) habe dazu geführt, dass die beiden Fächer immer näher zusammengerückt sind, erklärt Richard Maier, Bundesfachgruppenobmann für Unfallchirurgie in der Ärztekammer. Gemeinsam mit Peter Zenz, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie, hat der Unfallchirurg das Sonderfach mitentwickelt.

Eine reine Fusion der beiden Fächer, wie etwa in Deutschland praktiziert, "wollten wir in Österreich nicht", erläutert Zenz. Dort wurde einfach aus zwei Fächern das Monsterfach Orthopädie und Unfallchirurgie, die Ausbildungszeit sei jedoch nicht entsprechend verlängert worden. "So ist in Deutschland dann die konservative Orthopädie verloren gegangen", meint er.

Kein Turnus mehr

In Österreich hingegen wählte man den Weg der Gründung eines neuen Sonderfachs unter "Einbeziehung der konservativen Orthopädie und traumatologischer Kompetenz", so Zenz. Die Ausbildung dauert sechs Jahre und beginnt mit einer neunmonatigen Basisausbildung, der Turnus wird gestrichen. Dieser Abschnitt ist für alle Fächer ident.

Danach erfolgt die dreijährige fachspezifische Grundausbildung, 18 Monate in Orthopädie und 18 Monate in Unfallchirurgie. Anschließend folgen noch drei frei wählbare Module zu je neun Monaten. Eines davon muss jedoch mit einem orthopädischen, eines mit traumatologischem Schwerpunkt sein, erklärt Maier.

Die Reform des Fächerkanons hat auch Auswirkungen für in Ausbildung befindliche und praktizierende Unfallchirurgen und Orthopäden. "Da wird es Übergangsregelungen geben", erklärt Maier. Wie diese aussehen, darüber werde noch mit dem Gesundheitsministerium verhandelt.

Grundsätzlich sei aber klar, dass die jetzigen Fachärzte in ihren angestammten Fächern bleiben können, niemand werde gezwungen, in das neue Sonderfach zu wechseln. Dass jedoch, wie in Deutschland geschehen, ein Arzt ohne Erwerb einer Zusatzqualifikation im jeweils anderen Fach von Alt nach Neu übertreten kann, werde es nicht geben, stellt Maier klar.

Für die Patienten heißt dies, dass sie nur mehr bei leichteren Verletzungen an unfallchirurgischen Abteilungen versorgt werden, Schwerverletzte hingegen in sogenannten Traumanetzwerken. Ein solches Zentrum gibt es bereits in Salzburg. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 7./8.2.2015)