Man würde sich gerne über die Meldung aus Saudi-Arabien freuen, dass der Fall des zu 1000 Stockschlägen verurteilten Bloggers Raif Badawi zurück ans Strafgericht verwiesen wurde. Wenn man jedoch die Prozessgeschichte verfolgt hat, dann beschleicht einen ein mulmiges Gefühl. So pervers - und potenziell tödlich - das Urteil gegen Badawi ist, so wurde es doch für eine "Schuld" ausgesprochen, die viel böse Luft nach oben lässt. Badawi wurde wegen Religionsbeleidigung verurteilt, aber es gibt Kräfte, die gerne ein Urteil für Apostasie oder Aufruf zum Umsturz gesehen hätten. Auf beides steht die Todesstrafe.

Dass Badawi verurteilt wurde, weil er zum Dialog der Religionen aufrief, wie hierzulande oft behauptet wird, ist eine Vereinfachung. Badawi zahlt dafür, dass er als Säkularist gegen das auf dem Islam basierende saudische System wetterte. An Europa lobte Badawi, dass es die Religionen - alle - hinter sich gelassen habe. Das Recht, das ungestraft zu sagen, sollte jeder Mensch auf dieser Welt haben - mit Religionsdialog hat es jedoch nichts zu tun.

Die Hoffnung war, dass Badawi unter die große Amnestie fällt, die der neue König Salman hunderten Häftlingen angedeihen ließ. Ihn sang- und klanglos ziehen zu lassen ist durch die internationalen Kampagnen, die sich nicht auf Badawi, sondern auf eine Delegitimierung König Abdullahs - während dieser im Sterben lag - konzentrierten, aber für die Saudis nicht leichter geworden. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 7.2.2015)