Erst preisgekrönt, jetzt als "diskriminierend" und "gewaltverherrlichend" kritisiert: die böse Satire junger Filmstudenten über Wintersportler und Jäger regt auf.

Screenshot: Film "Hybris"

Kitzbühel - Zwei Skifahrer am Hahnenkamm, ideale Schneebedingungen, das weiße Pulver staubt in Richtung Kameralinse. Es ist die perfekte Inszenierung der Kitzbüheler Alpen. Zumindest für kurze Zeit. Dann bleiben die jungen Sportler stehen, wollen einkehren. Es fällt ein Schuss. Noch einer. Und noch einer. Die Männer sind tot - scheinbar. "Ned dei Tog heit", sagt ein Jäger und schaut zufrieden auf seine Beute herab. Schnitt. Zartrosa Masse quillt aus einem Fleischwolf.

Das passiert in der ersten Hälfte des vierminütigen Kurzfilms "Hybris", der von einer Fachjury und in einem Onlinevoting als bester Beitrag der "Mercedes-Benz Film Competition" gekürt wurde - ein Wettbewerb des Kitzbüheler Tourismusverbandes (TVB). Die Idee der Veranstalter war es, mit den eingereichten Beiträgen die eigene Destination als ideales Gebiet zum Skifahren im freien Gelände zu bewerben.

Lob der Fachjury

Im weiteren Verlauf des Siegerfilms wird einer der beiden Skifahrer doch noch am Leben sein, dann den Jäger und dessen Komplizen töten. Schlussendlich sterben alle. "Wir wollen auf das Spannungsverhältnis zwischen Natur und Tourismuswirtschaft aufmerksam machen. Die Gewaltszenen sollen den Konflikt der unterschiedlichen Interessensgruppen beleuchten, die mit der Freeride-Szene abseits der Pisten konfrontiert sind, und dazu anregen, die eigenen Ansprüche an den Lebensraum Natur zu überdenken", sagt Max Witzmann, einer der vier Studenten der Gruppe "Contains Powder", von denen der Kurzfilm eingereicht wurde.

Bei der Fachjury ist die Aussage offenbar angekommen - abgesehen von der professionellen Machart lobt der niederländische Regisseur Allard Faas vor allem den Inhalt. In seiner Begründung schreibt er: "Lasst uns weise sein und den Film zum Anlass für eine Debatte über das Thema nehmen."

Der wollte man sich in Kitzbühel offenbar nicht stellen. Am 17. Jänner fand die Preisverleihung statt, in der offiziellen Presseaussendung wird noch das "Team" zitiert: "Wir sind stolz, dass am Ende ein gesellschaftskritischer Film gewonnen hat."

"Gewaltverherrlichung"

Am 2. Februar wurde der Beitrag von der Homepage des städtischen Senders Kitzbühel TV und dem YouTube-Channel des Tourismusverbandes gelöscht - weil von "politisch hoher Stelle" Druck ausgeübt worden sei, hieß es zuerst. Dann erklärte der TVB offiziell, dass das nicht stimme, aber der Film "zu einiger Verärgerung und Kritik geführt" habe, er Berufsgruppen wie die Jäger diskriminiere und Gewalt verherrliche.

"So etwas lehnen wir dezidiert ab. Als Veranstalter ist es uns vorbehalten, welchen Film wir als Werbung zum Thema Freeriden verwenden" , sagt Gerhard Walter, Direktor des Kitzbüheler Tourismusverbandes. Aus dem Büro des Bürgermeisters wird ausgerichtet, dass die Stadt mit der Löschung des Beitrags nichts zu tun habe.

Viertplatzierte neuer "Bester"

"Bestes Freeride-Video" ist - so schreibt es TVB-Direktor Walter in einer Stellungnahme - nun doch ein anderes: nämlich das der Gruppe "Freiraum", die ursprünglich Viertplatzierten. "Das Verschweigen eines bestehenden Interessenskonfliktes wird zu keiner Lösung führen. Die Zensur unseres Siegerprojektes ist absolut inakzeptabel", sagt Witzmann. Der TVB hat bereits angekündigt, "die Vorgangsweise des Wettbewerbes" nun "gänzlich zu überarbeiten" - und "für die Zukunft auf eine neue Basis" zu stellen. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 7.2.2015)