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Als hätte die deutsche Kanzlerin schon damals die Friedenschancen im Ukraine-Kkonflikt bemessen: Angela Merkel und Barack Obama auf dem G-20-Gipfel im November in Brisbane.

Foto: EPA / KAY NIETFELD

Good Cop" und "Bad Cop", vielleicht wäre das eine Metapher für die Aufgabenteilung, mit der Angela Merkel und Barack Obama den Konflikt mit Wladimir Putin angehen. In diesem Rollenspiel wäre es die Aufgabe der deutschen Kanzlerin, der "guten Polizistin", den Gesprächsfaden zum Kreml nicht abreißen zu lassen, während das Weiße Haus für den nötigen Druck sorgt, ohne den Putin zu nichts zu bewegen sein wird.

Letzteres, dass Putin nur einlenkt, wenn man die Daumenschrauben anzieht, ist zumindest die Überzeugung der Amerikaner. In dem Punkt sind sie sich einig, die Demokraten im Kabinett und die Republikaner, die im Kongress den Ton angeben. Was noch nicht entschieden ist, ist die Frage, ob zu diesem Szenario gesteigerten Drucks auch Waffen für die Ukraine gehören.

Erwünschte Begleitmusik

Obama, skizziert dessen Außenminister John Kerry einen Zeitplan, will einen Entschluss fassen, nachdem er sich am Montag im Oval Office mit Merkel beraten hat. Stimmen wie die des designierten Verteidigungsministers Ashton Carter, der Waffenlieferungen befürwortet, sind durchaus erwünschte Begleitmusik. Es sind keine Ausrutscher, vielmehr sollen sie aller Welt zeigen, wie intensiv Obama den Fall im eigenen Kreis diskutieren lässt, dass er Widerspruch nicht nur duldet, sondern ihn fordert, dass er selber noch mit sich ringt.

Seit Tagen erklären seine Sprecher, der Präsidoent werde sehr darauf achten, wie sich die Weichenstellung auf die europäischen Verbündeten auswirke. Das klingt nicht danach, als wollte er die Kanzlerin, die eine militärische Eskalation für den falschen Weg hält, in Verlegenheit bringen: Obama, der Koalitionär.

Strategische Geduld

Die westliche Allianz gegen Putin, das weiß er nur zu gut, kann er wohl nur zusammenhalten, wenn er auf die Aufrüstung der ukrainischen Armee verzichtet. Und Koalitionen zu schmieden, wo immer es geht, das ist der Kern der Obama-Doktrin. Seine Sicherheitsberaterin Susan Rice hat es eben erst durchbuchstabiert, als sie die National Security Strategy vorstellte, ein Papier, das definiert, wo die Regierung die außenpolitischen Prioritäten der USA verortet. In einer komplizierten Welt, betonte Rice, gebe es für die meisten Probleme weder schnelle noch einfache Lösungen.

Die Kurzformel dafür lautet strategische Geduld, ein Begriff, den Obamas Team ausgesprochen häufig bemüht. Das klingt sehr nach Angela Merkel. Es klingt europäischer, als es republikanischen Haudegen wie John McCain oder Lindsey Graham gefällt, den Senatoren, die am lautesten für eine härtere Linie plädieren.

Keine Illusionen

Nur: Das Strategiepapier aus dem Oval Office verdeutlicht auch, wie illusionslos man Putins Russland inzwischen sieht. 2010, als die vorangegangene Studie erschien, galt noch das Prinzip Hoffnung. Damals ordnete man Russland noch derselben Kategorie zu wie China und Indien - wichtige Länder, mit denen man sich zu arrangieren versuchte, sich arrangieren konnte und sowieso musste, auch wenn das natürlich kein Ende von Differenzen oder Rivalitäten bedeutete.

2015 ist das anders. Mit China sollen konstruktive Beziehungen angestrebt werden, Indien gilt als der große, heftig umbuhlte Partner der Zukunft, Russland dagegen als Störfaktor. Solange Putin seinen Kurs in der Ukraine nicht ändere, sagt Rice, gehe es darum, ihn einen höheren Preis für sein Handeln zahlen zu lassen, ihn zurückzudrängen. Das klingt nun wieder sehr amerikanisch. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 9.2.2015)