Vor der Abreise zu einem Kurzbesuch bei US-Präsident Barack Obama hat Angela Merkel für das geplante Handelsabkommen zwischen EU und USA, das "TTIP", geworben. Sie glaube, dass die Vorteile sehr viel größer seien als die Nachteile, hielt die deutsche Kanzlerin fest. Man könnte meinen, dass das eine Selbstverständlichkeit ist für die Chefin der Regierung eines EU-Landes, die das Projekt selber mit auf den Weg gebracht hat - gemeinsam mit allen ihren Kollegen aus den übrigen Mitgliedstaaten. Einstimmig. Mehrfach bestätigt.

So ist es aber nicht. Einige der Entscheider in der europäischen Politik spielen in solchen Dingen das berühmt-berüchtigte Doppelspiel: Sie beschließen in Brüssel etwas mit und vertreten dann zu Hause das genaue Gegenteil.

Bedauerlicherweise gilt das für Österreich in besonderem Maße. Auch Kanzler Werner Faymann, seine Partei und seine Regierung haben bei TTIP auf EU-Ebene alles mitbeschlossen. Seit die Kronen Zeitung eine Kampagne "Stopp dem US-Freihandelsabkommen" (sic!) reitet, hat er "Einwände" - denen in Brüssel aber keine Taten folgen.

Mit solcher Doppelbödigkeit macht sich Österreich international zur Lachnummer. Das ist nicht nur bei TTIP so, sondern etwa auch bei den EU-Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine. Die Regierung hat bei allen Maßnahmen gegen Moskau mitgestimmt. Aber in Wien sagt Faymann, dass er von Sanktionen "nichts hält". Was gilt also? (Thomas Mayer, DER STANDARD, 9.2.2015)