Wien – Soli-dari-tät mit Grie-chen-land!": Was die rund 150 Teilnehmer einer Kundgebung vor dem Wiener Kanzleramt am Montag trotz heftigen Schneetreibens forderten, bemühte sich auch Bundeskanzler Werner Faymann beim Besuch von Griechenlands Premier Alexis Tsipras zur Mittagszeit zu demonstrieren– zumindest rhetorisch. Was konkrete Aussagen zur Schuldenkrise betrifft, war auch nach der einstündigen Zusammenkunft der beiden Regierungschefs wenig klarer als zuvor.

Denn, so der Kanzler bei der folgenden Pressekonferenz: Österreich werde zwar selbstverständlich "alles unterstützen, was zu einer Annäherung und dann zu einem Ergebnis führt". Das Ziel müsse natürlich sein, Griechenland in der Eurozone zu halten. Und es stimme auch, dass die EU mit dem gleichen Eifer für Wachstum sorgen müsse, mit dem sie damals die Banken gerettet habe.

Verständnis vs. Verpflichtungen

Aber: "Verpflichtungen sind einzuhalten." Das betreffe auch die neue, von seinem Gast geführte griechische Regierung. Die Frage sei, ob man einen Ausgleich zwischen den Europäischen Forderungen und jenen der neuen Regierung finden könne, so Faymann. Und das sei "zur Stunde nicht der Fall". Ähnlich hatte sich kurz zuvor auch eine Sprecherin des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble geäußert. Die noch am Wochenende erhobene Forderung, Griechenland mehr Spielraum zu gewähren, wiederholte der Kanzler nach dem Treffen am Montag nicht.

derstandard.at/von usslar

Tsipras, der bei seiner verspäteten Ankunft vor dem Kanzleramt kurz angehalten hatte, um seine wetterresistenten Unterstützer zu grüßen, gab sich trotzdem optimistisch. Er glaube, in Faymann einen "guten Freund gefunden" zu haben. Und er rechne weiter mit einer raschen Lösung in der Debatte um einen Überbrückungskredit. Dieser soll dem Land nach dem Willen Athens bis Juli Zeit geben, um Reformen, etwa im Steuersystem, umzusetzen.

Letztlich sähen wohl auch die europäischen Partner dazu wenig Alternativen, sagte Tsipras: "Wir haben bisher noch keinen konkreten und brauchbaren Alternativvorschlag gehört."

Mit Verspätung traten Tsipras und Faymann vor die Presse.
Foto: Cremer

Das aktuelle Hilfsprogramm läuft Ende Februar aus, Athen will es nicht weiter verlängern. Eine rasche Lösung ist aber nicht nur deshalb geboten: Nach der Regierungserklärung, in der Griechenlands Premier am Sonntag wenig Kompromissbereitschaft erkennen ließ, gaben die griechischen Märkte noch einmal deutlich nach. Beim Eurosondertreffen morgen, Mittwoch, in Brüssel steht Griechenlands Finanzminister Yiannis Varoufakis nun unter Druck, konkrete Vorschläge zu präsentieren.

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras ist am Montag in Wien.
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Die Ideen Athens würden die EU-Bürger jedenfalls "mit keinem Euro belasten", bemühte sich Tsipras zu betonen. Im Gegenteil, sein Kabinett gehe europäische Probleme an, die gemeinsam gelöst werden müssten. Als Beispiel nannte Faymann am Montag den Kampf gegen Steuerbetrug. Es sei in vielen EU-Staaten nötig, an der Einstellung dazu zu arbeiten.

ÖVP kritisiert SPÖ

ÖVP-Politiker nehmen vor dem Treffen von Faymann mit Tsipras den Koalitionspartner unter Beschuss. "Die Zustimmung der SPÖ zu den Forderungen der linksextremen griechischen Syriza ist unverantwortlich gegenüber österreichischen Steuerzahlern und eine Schwächung der EU als Rechtsgemeinschaft", heißt am Montag im ÖVP-Europanewsletter.

Faymann hatte sich am Wochenende erneut für ein Entgegenkommen Europas im Schuldenstreit mit Griechenland ausgesprochen. Hinsichtlich einer weiteren Streckung der Kreditlaufzeiten für Griechenland hatte sich in der ORF-Sendung "Im Zentrum" am Sonntagabend auch VP-Klubchef Reinhold Lopatka gesprächsbereit gezeigt.

In der Volkspartei stoßen einigen die Sympathiebekundungen von Politikern der SPÖ und der Grünen für die linke Regierungspartei Syriza in Griechenland aber offenbar sauer auf. "Der SPÖ-Applaus für die Syriza-Regierung mit den Unabhängigen Griechen ist unappetitlich, macht Populisten salonfähig und schwächt die Europäische Union als Rechts- und Wertegemeinschaft", heißt es im ÖVP-Newsletter, der von den EU-Abgeordneten Othmar Karas und Elisabeth Köstinger gezeichnet ist.

Auch die ÖVP-Bundespartei stimmt dem Kurs zu. "Werner Faymanns Suche nach internationaler Anerkennung wird immer peinlicher und zum Risiko für die heimischen Steuerzahler", sagte Generalsekretär Gernot Blümel in einer Aussendung am Sonntag, in der er den angeblichen "Kniefall vor den linkspopulistischen Schuldenmachern" in der SPÖ kritisierte. (Manuel Escher/APA, derStandard.at, 9.2.2015)