Wien - Einzelkämpfer und Kleinstbetriebe stellen mehr als die Hälfte der Mitglieder der Wirtschaftskammer. Politischen Rückhalt finden sie in der Regel wenig. Doch kurz vor der Kammerwahl scheint sich das Blatt für sie zu wenden.
Er könne Selbstständigen nicht das wirtschaftliche Risiko abnehmen, sehr wohl aber das soziale, sagt Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer und Obmann der SVA (Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft). In diesem Sinn deponiert er im Zuge der Steuerreform drei Wünsche. Diese sollten zu einer Gleichbehandlung von Selbstständigen und unselbstständigen Arbeitnehmern in Österreich führen - zu einem Preis von 70 bis 80 Millionen Euro.
Leitl will eine Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung für Selbstständige von derzeit 724 auf 500 Euro. Alternative sei ein Beitragszuschuss zur Sozialversicherung. Zudem brauche es eine raschere Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung. Denn wer wenig verdiene, müsse in der Kaufkraft gestärkt werden. Bei Krankheiten, die länger als 42 Tage dauern, sollte das Krankengeld rückwirkend ab dem ersten Tag ausbezahlt werden.
Volker Plass, Sprecher der Grünen Wirtschaft, nennt das Letztere nett. Aber damit nicht nur ein Prozent der Versicherten in diesen Genuss kämen, brauche es ei- ne Regelung, die zumindest ab dem 14. Tag der Krankheit greife.
Was die Mindestbeitragsgrundlage betrifft, ortet er in Leitls Forderungen Populismus und einen Wunsch ans Christkind - zumal die Absenkung zuletzt immer wieder verschoben worden war. "Das sollte Leitl mit den Regierungskollegen besprechen." Dass sich die jüngste Leistungsbilanz der SVA für Selbstständige sehen lassen kann, wie Leitl betont, lässt Plass nicht gelten. Die von Mediengetöse begleiteten Reformen seien fein aber vor allem klein gewesen.
Maßnahmen wie höheres Wochengeld bei Mutterschaft hätten letztlich wenig gekostet. Bei der Entlastung für die Mehrzahl der Selbstständigen sei jedoch nichts weitergegangen. "Neun von zehn zahlen mehr Sozialversicherungsbeiträge als Einkommenssteuer." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 10.2.2015)