Wien - Dem Wirtschaftsbund, der mit über 70 Prozent stärksten Fraktion in der Wirtschaftskammer, wirft SWV-Spitzenkandidat Christoph Matznetter vor, sich für die Agenda der ÖVP einspannen zu lassen und zu verhindern, dass es für die geplante Steuerreform eine Gegenfinanzierung gebe.

Entlastung der Selbstständigen

"Wir positionieren uns hier für die überwiegende Mehrheit, die Klein- und Kleinstbetriebe", sagt Matznetter. Der Widerstand gegen eine Erbschaftsteuer - nach deutschem Modell - störe wiederum die notwendige Entlastung der Selbstständigen, denn die Senkung des Eingangssteuersatzes bei der Einkommensteuer von 36 auf 25 Prozent käme nicht nur den Unselbstständigen zu Gute..

"Der Wirtschaftsbund wird wissen, was er tut, er hat eine 70-Prozent-Mehrheit, aber ob er eine nachgelagerte ÖVP-Organisation ist, muss er sich überlegen", so Matznetter, denn nur ein Prozent der WK-Mitglieder wären gegen eine Erbschaftsteuer. Auch das spiele im WK-Wahlkampf eine Rolle.

Gewichtung der Stimmen

Matznetter spricht sich auch für eine Änderung der Wirtschaftskammer-Wahlordnung aus. Dieser sollte das "ganz normale demokratische Prinzip" zugrunde gelegt werden. Eine Gewichtung der Stimmen - bei der Umrechnung nach der Wahl - nach Wertschöpfung oder Anzahl der Mitarbeiter eines Betriebes sei absurd und entspreche eher einem "Kastensystem". Beispielsweise kämen in Wien auf 120 Banken zehn WK-Abgeordnete, auf 60.000 EPUs aber nur vier. "Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht gelingen wird, in den nächsten Jahren auch hier eine Änderung herbeizuführen", so Matznetter.

Weitere Liberalisierungen der Gewerbeordnung sollten mit "viel Bedacht" erfolgen. Oftmals stehe dahinter nur das Interesse, Anstellungsstrukturen zu umgehen, was zu Sozialdumping führen könnte. "Daher ist da immer eine gewisse Restriktion angesagt", meint Matznetter. Auch kämpfe der SWV gegen die generelle Sonntagsöffnung für die Wiener Innenstadt, weil dies für die Mehrheit der Handelsbetriebe ein Nachteil wäre.

Registrierkassenpflicht

Unverständlich ist für Matznetter, warum der Wirtschaftsbund gegen eine Registrierkassenpflicht ist. Wenn die Konkurrenz von den mehrheitlich brav steuerzahlenden Betrieben die Möglichkeit habe, "schwarz" zu kassieren, sei das kein "fair Play". Für alle sollten faire Wettbewerbsbedingungen gelten. Damit Kunden bei ihren Einkäufen verstärkt Rechnungen verlangen, kann sich Matznetter eine staatliche "Beleglotterie" vorstellen. So was gebe es in Taiwan schon seit 40 Jahren. Jede Woche würden dort Millionenpreise ausgespielt werden. Die Frage: "Brauchen's eine Rechnung?" würde dann zum Großteil mit "Ja" beantwortet werden, statt heute mit "Nein".

"Was uns auch beschäftigt, ist die ungleiche Behandlung bei der Besteuerung internationaler Konzerne", so der SWV-Spitzenkandidat. "Das führt dazu, dass total unfaire Wettbewerbsverhältnisse herrschen". Matznetter ortet einen zu wenig scharfen Umgang mit dieser Problematik. Sollte es zu keiner Einigung auf europäischer Ebene kommen, müsste die steuerliche Absetzbarkeit von Lizenzaufwendungen in Österreich weiter verschärft werden.

Die WK-Wahlen finden österreichweit von 23. bis 26. Februar statt. Mit der Auszählung der Stimmen wird am darauffolgenden Tag begonnen. Die Endergebnisse werden am Abend des 27. Februar feststehen. (APA, 10.2.2015)