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Neuer Sieg knapp ein Jahr nach dem Rücktritt: Antikorruptionsaktivist Arvind Kejriwal.

REUTERS/Adnan Abidi

Der Mann mit dem Besen und den unmodischen Pullovern ist zurück. Und das mit einem Paukenschlag, der durch ganz Indien hallte: Bei den Wahlen im Stadtstaat Delhi hat Politrebell Arvind Kejriwal mit seiner Newcomer-Partei AAP überraschend einen historischen Erdrutschsieg geholt - und die Hindu-Partei BJP von Premier Narendra Modi sowie die Kongresspartei klar geschlagen.

Die Niederlage rüttelt an Modis Mythos der Unbesiegbarkeit und mischt Indiens Politszene kräftig auf. Niemand hatte dem Exfinanzbeamten Kejriwal, der schon 2013/ 2014 für turbulente 49 Tage Delhi regiert hatte, ein solch triumphales Comeback zugetraut.

Rote Karte für Etablierte

Seine Antikorruptionspartei Aam Aadmi Party ("Partei des einfachen Mannes") holte 67 von 70 Mandaten - den höchsten Sieg aller Zeiten in Delhi. Die BJP kam gerade noch auf drei Sitze. Noch schlimmer traf es die Kongresspartei, die bis 2013 über 15 Jahre lang Delhi regiert hatte. Sie holte nicht einmal einen einzigen Sitz.

Deutlicher hätten die Wähler den etablierten Parteien kaum die rote Karte zeigen können. Analysen zeigen, dass vor allem Kongresswähler in Massen zur AAP überliefen. "Die Kongresspartei liegt auf dem Sterbebett", sagte der Analytiker Mohan Guruswamy.

Jubelnd zogen AAP-Anhänger durch die Straßen. Die BJP verfiel in Schockstarre. Gerade neun Monate ist es her, dass Modi bei den indienweiten Wahlen die Kongresspartei aus der Regierung gedrängt hatte. Die BJP hat sich mit ihren Hoffnungen auf einen Sieg komplett verrechnet. Für Modis Reformpläne könnte das Folgen haben. Er hat ein neues Indien versprochen. Und nun wird es schwieriger, die Reformpläne durchzusetzen, weil ihm Stimmen aus Delhi im Oberhaus fehlen.

Neues Wählerverhalten

Das "Phänomen Kejriwal" beschränkt sich vor allem auf die 16-Millionen-Stadt Delhi, indienweit tut sich die AAP noch schwer. Der 46-Jährige ist kein Berufspolitiker aus einer Dynastie, sondern wie Modi ein Aufsteiger, der sich ähnlich bescheiden wie die Massen der Wähler kleidet. Das Symbol seiner Partei ist der Besen, der den Kampf gegen die Korruption darstellt. Sein Aufstieg spiegelt ein neues Wählerverhalten wider. Nicht mehr die Kaste, sondern Fragen wie Strom, Wasser, Infrastruktur und Regierungsführung entschieden zusehends über die Stimmabgabe. (Christine Möllhoff aus Neu-Delhi, DER STANDARD, 11.2.2015)