Das Schweizer Medienhaus Tamedia übernimmt den Internetmarktplatz Ricardo für 240 Mio. Franken (230,15 Mio. Euro) vom südafrikanischen Medienkonzern Naspers. Damit hat die in Baar gegründete Ricardo-Gruppe wieder Schweizer Eigentümer und Tamedia stärkt seine Stellung auf dem Markt mit Digitalplattformen.

Ricardo.ch ist der größte Schweizer Online-Marktplatz. Die Plattform zählt laut Tamedia 2,3 Millionen Mitglieder, die pro Tag im Schnitt 20.000 Artikel kaufen und verkaufen.

Neben der Auktionsplattform Ricardo.ch gehören zur Gruppe die Fahrzeugplattform Autoricardo.ch, der Kleinanzeigenanbieter Olx.ch sowie das erst im September lancierte Onlineshoppingportal Ricardoshops.ch.

40 Millionen Umsatz

2014 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von rund 40 Mio. Franken. Angaben zu Gewinnen respektive Verlusten von Ricardo machte Tamedia keine. Es hieß einzig, dass Ricardo über ein rentables Kerngeschäft verfüge und vergangenes Jahr einen ähnlich hohen Betrag wie den Umsatz in den Ausbau der Plattformen gesteckt habe.

Tamedia will mit dem Kauf Synergien nutzen, so etwa zwischen Olx.ch und der bereits zu Tamedia gehörenden Verkaufsplattform Tutti.ch. Die Portale Autoricardo.ch und Car4you.ch sollen zudem der zu Ringier gehörenden Plattform Autoscout24 Konkurrenz machen, wie Tamedia ausführte.

"Für Tamedia ist der Kauf eine Stärkung der eigenen Marktposition", sagte Thomas Lang, Unternehmensberater im Bereich E-Commerce. So schaffe Tamedia ein Gegengewicht zum Konkurrenten Ringier. Das spiele auch in den Preis von 240 Mio. Franken mit hinein. Lang hält den Übernahmepreis deshalb für realistisch, auch wenn er das Vielfache des derzeitigen Umsatzes beträgt.

Platzhirsche

Die Medienhäuser Tamedia und Ringier sind derzeit die beiden Platzhirsche im Geschäft mit Digitalplattformen. Ringier besitzt beispielsweise Autoscout24, Immoscout24 oder Anibis. Zu Tamedia gehören etwa Homegate, Search.ch oder Tutti.ch.

"Diese Digitalplattformen retten das Printmediengeschäft", erklärte Lang. Der ganze Kleinanzeigenmarkt habe sich in den letzten Jahren vom Druck in den digitalen Bereich verschoben. Das zeigten auch die Zahlen von Tamedia: Im ersten Halbjahr 2014 hatte das Wachstum im digitalen Geschäft die rückläufigen Erträge der Printmedien wettgemacht.

Mit dem Kauf erhält Tamedia Zugang zu 2,3 Millionen Ricardo-Nutzern. Die Daten etwa von der Kleinanzeigenplattform Olx.ch könnten vielfältig genutzt werden, erklärte Lang. So könne ausgewertet werden, was wann und wie gesucht werde. Diese Informationen könnten bei der Platzierung von Werbung oder bei der Produkteinnovation weiter verwendet werden.

Auf der Auktionsplattform von Ricardo lasse sich Geld mit Gebühren für Transaktionen verdienen und auf dem Onlineshoppingportal Ricardoshops.ch könne mit den Handelsmargen Gewinn gemacht werden.

Positives Feedback

Auch Analysten beurteilten den Kauf positiv. Ricardo sei profitabel und Tamedia könne damit sein Online-Portfolio ausbauen, schrieb die Zürcher Kantonalbank. Die Titel des Verlagshauses legten bis Börsenschluss 7,7 Prozent an Wert zu und notierten so hoch wie seit Juni 2011 nicht mehr.

Bereits im Herbst waren Gerüchte über einen möglichen Kauf von Ricardo durch Tamedia aufgekommen. Im Vorfeld der Transaktion habe Tamedia auch Gespräche mit möglichen Partnern für eine gemeinsame Übernahme geführt, sagte Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer.

Man habe sich aber für den Alleingang entschieden, da die Finanzierung alleine möglich sei und sich Tamedia in einer guten Ausgangslage befinde, das Ricardo-Geschäft eigenständig erfolgreich weiterzuentwickeln. Der starke Franken sei beim Kauf nicht entscheidend gewesen, teilte Zimmer auf Anfrage weiter mit.

Lange Geschichte

Die Wurzeln von Ricardo reichen auf die 1999 in Baar ZG gegründete Plattform Auktion24.ch zurück. Diese wurde im Jahr 2000 von Ricardo.de übernommen. Mit dem Kauf von Ricardo.de durch Naspers wurde im Jahr 2008 auch Ricardo.ch Teil des südafrikanischen Medienunternehmens. Heute arbeiten bei Ricardo laut Tamedia rund 190 Mitarbeitende in der Schweiz. Zudem gehört ein 30-köpfiges Entwicklerteam in Frankreich zum Unternehmen.

Die Übernahme muss noch von den Wettbewerbsbehörden genehmigt werden. (APA, 10.02.2015)