Katja Sindemann vor dem Herz Jesu Altar, einer Holzschnitzarbeit aus dem Gröden in Südtirol, Kirche Maria Königin der Märtyrer im Wien Rudolfsheim-Fünfhaus

Foto: Valia Kraleva

Katja Sindemann besuchte Wien zum ersten Mal als Kind mit ihren Eltern in Wien und wurde sofort vom Charme der Stadt überwältigt. Auch wenn sie bereits London und Paris und andere europäische Städte kannte, war Wien ein besonderes Erlebnis für sie. Nachfolgend "nervte sie", wie sie sagt, Jahr für Jahr ihre Lehrer in Singen am Hohentwiel bei Konstanz, wo sie zur Schule ging, um eine Klassenfahrt nach Wien durchzusetzen, aber ohne Erfolg. Als sie dann mit dem Studium der Geschichte und der Religionswissenschaft anfing, war es so weit: Nichts wie ab in das geliebte Wien.

Wien ist anders

Durch Nebel und Wind kam sie mit ihrem vollgepackten Kleinauto an einem Februarabend nach Wien und stellte bald fest, dass die Mentalität der Wiener doch eine andere war, als sie erwartet hatte. "Anfangs konnte ich den Subtext hinter dem Gesagten nicht gut nachvollziehen", erzählt Sindemann, "Ich war als Deutsche an Direktheit und offenes Austragen von Konflikten gewohnt". Mit der Zeit habe sie aber den berühmten Wiener Schmäh zu schätzen gelernt. Als sie vor knapp zehn Jahren für einen längeren Aufenthalt an die Universität Luzern in die Schweiz ging, sei es – als Kontrapunkt zur trockenen Art der Eidgenossen – eben dieser Schmäh, den sie am meisten vermisste.

Auf der Suche nach verborgenen Schätzen

Nach dem Studium bestärkte sie ihre Tätigkeit als freie Mitarbeiterin des ORF in der Entscheidung in Wien zu bleiben und Wurzeln zu schlagen. "Wien ist meine Heimat", sagt sie heute. "Es gibt keine deutsche Stadt, die diese Schönheit, Stimmigkeit und Harmonie besitzt." Katja liebt die schönen Fassaden, von Barock bis Jugendstil, und genießt es, durch die Straßen zu schlendern und neue architektonische Details, unbekannte Innenhöfe oder kleine Kapellen zu entdecken. Ihre Entdeckungen beschrieb die Journalistin in bereits drei veröffentlichen Büchern über Wien.

Lieblingsplätze

"Als Historikerin liebe ich Vergangenes und Tradition, daher bin ich lieber in alten Wiener Kaffeehäusern als in einer modernen Coffeeshop-Kette"; meint Sindemann.

Seitdem sie sich vor fünf Jahren mit einer Filmproduktions- und PR-Firma selbständig machte, besucht sie bevorzugt kleine, kuschelige Cafés in der Nähe ihres Büros in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus.

Die Atmosphäre in diesen Cafés vermittle ihr das Gefühl von Geborgenheit. Solches Gefühl empfinde sie auch, wenn sie die Stille einer Kirche betritt – und das macht sie gern, wenn sie dem Stress des Alltags für kurze Zeit entfliehen möchte. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtete Rudolfsheimer Kirche Maria Königin der Märtyrer mit ihrem neogotischen Backsteinbau gehört zu Sindemanns bevorzugten Orten der Stille.

Ein anderer Ort sei bei schönem Wetter der klein japanische Setagayapark in Wien-Döbling.

Am Abend bietet sich das Beisl Das Augustin mit seinen urigen Tischen und gemütlichen Sofas an, bei Wiener Schmankerln den tag ausklingen zu lassen.

Ihren Martini bianco trinkt Sindeman bevorzugt nach 22 Uhr in der Bonbonniere, einer kleinen Bar in der Innenstadt, mit roter Seide an den Wänden und schweren Kristalllustern.

An Wegziehen aus Wien denkt Katja Sindemann nicht. Wien ist ihr Lebensort und wenn alles nach Plan läuft, möchte sie hier begraben werden. Den besten Platz dafür hat sie bereits gefunden: der Friedhof oberhalb vom Kahlenbergerdorf. Mitten in den Weinbergen, mit Blick auf die Donau, im Schutze des Kahlen- und Leopoldsberges könnte sie eine Ewigkeit aushalten. (Valia Kraleva, daStandard.at, 10.2.2014)