Wien - Neue Probleme bei der neuen Matura: Die Maturanten können offenbar wegen einer Serverüberlastung derzeit ihre vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWA) nicht wie verlangt hochladen. In Wien und Niederösterreich ist am Freitag aber Abgabeschluss. Nun soll die Abgabe von gedruckten Arbeiten reichen. Die Grünen schlagen einen "Notfallplan" vor.

Die VWA ist eine 40.000 bis 60.000 Zeichen lange verpflichtende Hausarbeit und muss in der ersten Woche des zweiten Semesters der Maturaklasse abgegeben und später präsentiert und diskutiert werden. Die fertige Arbeit und ein sogenanntes Begleitprotokoll des Schülers sind als PDF-Dateien auf eine eigene VWA-Datenbank hochzuladen und außerdem in zweifach ausgedruckter Form mit beigelegtem Begleitprotokoll dem Lehrer abzugeben.

Bildungsministerium: "Kein Grund zur Sorge"

Im Büro von Bildungsministerium von Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) beruhigt man auf Anfrage von derStandard.at: "Es gibt keinerlei Grund zur Sorge für die Schülerinnen und Schüler. Die vorwissenschaftliche Arbeit muss nur bis Freitag schriftlich (ausgedruckt) und elektronisch in der Schule abgegeben werden. Es werden alle Arbeiten, die in der Schule so eingelangt sind (schriftlich und elektronisch auf Datenträger) ganz normal bewertet."

Der Server sei nach wie vor online. "Arbeiten können permanent hochgeladen werden und werden es auch. Die Verzögerung beim Upload passiert nur bei Arbeiten deren Datenmenge (etwa durch nicht komprimierte Bilder bzw. Grafiken) sehr umfangreich sind. In diesen Fällen ist auch eine Abgabe per Datenträger in der Schule möglich."

Direktoren über Probleme informiert

Da in Wien und Niederösterreich Ende dieser Woche die Frist abläuft, dürften aber zu viele Schüler gleichzeitig zugreifen wollen. "Upps, das hätte nicht passieren sollen ...", heißt es auf der Online-Plattform. Die Schüler werden dann "aus Sicherheitsgründen" ausgeloggt. "Das deutet auf eine Überlastung der Server hin", hieß aus der Bundesschülervertretung.

Auch die Direktoren wurden über das Problem bereits informiert. In einem Mail werden sie darauf hingewiesen, dass aufgrund der Probleme die Frist auch dann eingehalten ist, wenn die Arbeiten vorerst nur in gedruckter Form abgegeben werden.

Plagiatsprüfung

Das Hochladen der vorwissenschaftlichen Arbeiten dient unter anderem der Plagiatsprüfung. Auf Anfrage von derStandard.at heißt es aus dem Bildungsministerium, diese könne auch dann vorgenommen werden, wenn die vorwissenschaftliche Arbeit etwa mittels USB-Stick abgegeben wird.

Verärgert zeigte sich Bundesschulsprecher Lukas Faymann in einer Aussendung: "Das Bildungsministerium hat bei Gesprächen im Vorfeld von einer durchdachten und problemlosen Abgabemöglichkeit geschwärmt. Bedenken der Schulpartner wurden schon vom Tisch geräumt, bevor sie überhaupt geäußert werden konnten. Das Ministerium würde gut daran tun, seine Feedbackresistenz gegen professionelle und schülerorientierte Arbeit einzutauschen."

Grüne schlagen Notfallplan vor

Für den Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, führen Probleme wie diese dazu, dass "das Vertrauen in dieses Projekt gegen null geht". Die Grünen haben deshalb einen "Notfallplan für die schriftliche Zentralmatura" ausgearbeitet, den sie am Mittwoch bei einer Pressekonferenz präsentiert haben. Walser und Grünen-Chefin Eva Glawischnig schlagen vor, dass die Note der achten Klasse in die Maturanote einbezogen wird, wenn ein Schüler bei der schriftlichen Matura ein "Nicht genügend" bekommt. Bei Zweifel zwischen "Genügend" und "Nicht genügend" soll die Maturakommission über die Note entscheiden.

"Damit würden wir viel Angst aus dem System nehmen", sagt Walser. Den Vorteil seines Vorschlags sieht er auch darin, dass die Zentralmatura erhalten bleibt und die Bildungsforschung damit weiterhin die Daten zum tatsächlichen Leistungsstand der Maturanten hat. Der Notfallplan soll, wenn es nach Walser geht, für drei Jahre gelten. "Es geht um eine Übergangsmaßnahme bis die größten Defizite bewältigt worden sind."

Scharfe Kritik an Heinisch-Hosek

Der Bildungssprecher kritisiert das Ministerium und Heinisch-Hosek scharf. Die Informationspolitik dort sei verfehlt und inkompetent. "Da weiß die linke Hand nicht was die rechte tut", sagt er. So gebe es etwa widersprüchliche Angaben zur Länge der Vorwissenschaftlichen Arbeit und zum Modus der Benotung.

Schon vergangene Woche hatte der Mathematik-Didaktiker Werner Peschek im STANDARD eine "Notfallaktion" angeregt. Man solle die Lösungsquote in einer Klasse so wählen, dass es nicht mehr als 25 Prozent Fünfer gibt. Walser ist gegen diese Idee, da es nicht seiner Auffassung von Gerechtigkeit entspreche, wenn die nötige Hürde für ein Genügend nicht an jeder Schule gleich ist.

"Gewaltige Verunsicherung"

Um die "gewaltige Verunsicherung" bei der Zentralmatura zu bekämpfen schlägt Walser außerdem eine Krisenhotline vor, die so schnell wie möglich eingerichtet werden solle. Derzeit wüssten Lehrkräfte teilweise nicht, wie sie zu beurteilen sei. Ihre Fragen sowie jene von Schülern sollen Mitarbeiter des Bildungsministeriums und des Bundestinstituts für Bildungsforschung (Bifie) beantworten, sagt Walser.

Die Grünen wollen ihren "Notfallplan" in Form eines Entschließungsantrages nächste Woche im Parlament einbringen. Laut Glawischnig wird es auch Gespräche mit anderen Parlamentklubs geben.

Kritik auch von ÖVP

Kritik an den Serverproblemen beim Hochladen der Vorwissenschaftlichen Arbeit übte auch ÖVP-Bildungssprecherin Brigitte Jank, die sich gleichzeitig zur neuen Reifeprüfung bekannte: "Schüler und Lehrer haben Sicherheit verdient", hieß es in einer Aussendung. Gerade aufgrund der Bedeutung dieses Projekts sei es erforderlich, dass die Pannenserie des verantwortlichen Ressorts endlich beendet werde.

Ähnlich das Team Stronach: Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) habe ihr Ressort nicht im Griff, so Bildungssprecher Robert Lugar. "Das ist ein Pfusch zu Lasten der Schüler, die hier unnötig einem großen Stress ausgesetzt werden."

Kein Verständnis für die "nächste Panne" hatte auch FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz: "Obwohl die Abgabefrist für die 'Vorwissenschaftliche Arbeit' bereits länger bekannt war, gibt es nun drei Tage davor eine Serverüberlastung?" Die FPÖ ist grundsätzlich gegen eine vorwissenschaftliche Arbeit - wissenschaftliches Arbeiten sei Lehrstoff der Unis.

Grossmann verteidigt Parteikollegin

Die SPÖ-Bildungssprecherin Elisabeth Grossmann verteidigt ihre Parteikollegin Heinisch-Hosek. Es sei verständlich, dass die Umstellung bei der Matura so wie jede große Systemumstellung auch zu Unsicherheit bei den Beteiligten führe. Die Ministerin habe bereits eine eigenen Taskforce zur Zentralmatura eingesetzt und Informationsveranstaltungen organisiert. Sie habe kein Verständnis für "völlig überzogene grüne Panikmache". (burg, koli, derStandard.at/APA, 11.2.2015)