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Für viele Menschen ist Facebook das Fenster zur Welt.

Foto: REUTERS/Stoyan

Zahlreiche Facebook-Nutzer haben offenbar keine Ahnung, dass sie das Internet nutzen. Das haben mehrere Untersuchungen in Asien und Afrika ergeben. In Umfragen unter anderem in Thailand, auf den Philippinen und in Nigeria war die Anzahl der Personen, die angaben Mitglied bei Facebook zu sein, höher als die Zahl der Menschen, die behaupteten das Internet zu nutzen.

Entwicklungsländer betroffen

Zu den Ergebnissen kamen vor einigen Jahren zunächst Forscher von LIRNEasia und Research ICT Africa. Das Nachrichtenportal Quartz hat nun erneut Studien in Indonesien und Nigeria in Auftrag gegeben. Dabei wurden Personen im vergangenen Dezember per SMS gefragt, ob sie in den vergangenen 30 Tagen das Internet und Facebook genutzt haben. An beiden Umfragen nahmen jeweils rund 500 Personen teil.

Demnach gaben in Indonesien elf Prozent der Personen, die Facebook nutzen, an, dass sie nicht im Internet sind. In Nigeria waren es neun Prozent. Dabei handelt es sich nicht um ältere Menschen, die nicht mit dem Internet aufgewachsen sind, sondern im Durchschnitt um 25- beziehungsweise 22-Jährige. Zusätzlich wurden Nutzer in weiteren Ländern gefragt, ob sie der Aussage zustimmen, dass Facebook das Internet ist. Dem stimmten im Nigeria 65 Prozent der befragten Personen zu, in Indonesien waren es 61 Prozent, in Indien 58 Prozent und in Brasilien noch 55 Prozent. In den USA sahen das nur fünf Prozent so.

Quartz weist darauf hin, dass die Ergebnisse nicht auf die Mehrheit der Bevölkerung der Länder umgelegt werden können. Den Umfragen zufolge würden durchschnittlich zehn Prozent der befragten Facebook-User nicht wissen, dass sie das Internet nutzen. Hochgerechnet auf die 1,4 Milliarden Facebook-User weltweit würde das bedeuten, dass Millionen Nutzer in diesem Glauben sind. Dazu müssen in Zukunft noch weitere Studien durchgeführt werden.

Facebook will Internet für alle

Für viele Personen ist das Netzwerk tatsächlich der einfachste und schnellste Weg, an Informationen zu gelangen. Facebook treibt das 2013 gestartete Projekt Internet.org maßgeblich voran, um Internetzugang in alle Winkel der Welt zu bringen. Dafür wurde eine App entwickelt, die kostenlosen Zugang zu Facebook und anderen Diensten ermöglicht. Dazu gehören etwa Informationen zu Wetter, Schwangerschaft, Jobsuche, Sport und Hygiene. Auch BBC News und Wikipedia können kostenlos erreicht werden. Zur Kommunikation gibt es bislang nur Facebook und den Facebook Messenger.

Billige Facebook-Tarife

In zahlreichen Ländern gibt es spezielle Facebook-only-Tarife, die deutlich günstiger als normale Datentarife sind. Teilweise werden Facebook-Handys mit eigener Taste für das soziale Netzwerk angeboten. Das Unternehmen hat zudem sichergestellt, dass Facebook von den rudimentärsten Endgeräten mit schlechter Verbindung zu erreichen ist und es Apps für alle Plattformen gibt.

Die Internet.org-App ist mittlerweile in sechs Ländern verfügbar, erst am Dienstag kam auch Indien dazu. In Zukunft sollen weitere Regionen erschlossen werden, um "allen Menschen Zugang zum Internet zu ermöglichen und ihnen zu helfen, ihre Ideen und Kreativität mit allen Menschen der Welt zu teilen," heißt es auf der Website. Kein ganz selbstloses Ziel, immerhin bedeuten mehr Facebook-Kunden auch mehr Werbeeinnahmen für das Netzwerk.

Neben der Ausweitung von Internet.org arbeitet Facebook auch wie Google daran, die entsprechende Infrastruktur zu schaffen. 2015 soll ein Praxistest mit Drohnen starten, die in Zukunft Internet in schlecht erreichbare Gebiete bringen.

Abhängigkeit von einer proprietären Plattform

Wenn so viele Nutzer Facebook mit dem Internet gleichsetzen, müssen sich auch Unternehmen, Organisationen und Anzeigenkunden darauf einstellen, noch stärker auf Facebook präsent sein zu müssen. Das Unternehmen hat noch mehr vor: Auch Geldüberweisungen auf direkte Kaufmöglichkeiten werden getestet. Somit steigt für zahlreiche Menschen die Abhängigkeit von einer proprietären Plattform, deren Geschäftsmodell es ist, Nutzerdaten zu Geld zu machen. (br, derStandard.at, 11.2.2015)