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Alexis Tsipras und José Angel Gurria in gutem Einvernehmen, wie es scheint.

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In diesem Shop in Athen kostet alles einen Euro. Für Griechenland geht es wieder einmal darum, ob man den Preis für den Verbleib in der Eurozone zahlen will.

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Frankfurt – Kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister sucht Griechenland neue Wege zur Lösung des Schuldenstreits mit den internationalen Geldgebern. Ministerpräsident Alexis Tsipras kündigte am Mittwoch in London an, mit der OECD eine Vereinbarung über die Umsetzung von Reformen abzuschließen. Welche Maßnahmen das seien, solle von Griechenland selbst und nicht von außen entschieden werden. Seine Regierung sehe sich zu den Reformen verpflichtet, die das Land wirklich brauche, sagte Tsipras.

Bei dem Sondertreffen in Brüssel nehmen die Eurofinanzminister am Mittwoch die Pläne der griechischen Regierung – mehr Sozialpolitik und Krediterstreckung – genau unter die Lupe. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hatte es einberufen, weil Ende Februar das Rettungsprogramm für Griechenland ausläuft, das bereits im Dezember provisorisch verlängert worden war. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem erwartet am Mittwoch kein Ergebnis für Griechenland. Vor Beginn der Sondersitzung der Finanzminister der Währungsunion sagte Dijsselbloem Mittwochnachmittag in Brüssel, der griechische Kollege Gianis Varoufakis werde seine Vorschläge vorlegen. Dijsselbloem sagte, er sei offen für Verhandlungen. Allerdings sei es zu früh derzeit Konkreteres zu sagen.

Überbrückungslösung gesucht

Die deutsche Bundesregierung sei zu einer Überbrückungslösung bereit, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums mit Blick auf das Ende Februar auslaufende europäische Hilfsprogramm. Es wäre "sicher das Vernünftigste, das noch etwas zu strecken".

Dies würde aber nur Sinn machen, wenn Griechenland beabsichtige, die bisherigen Vereinbarungen zu dem Programm auch zu erfüllen, hieß es.

Vom Wahlkampf- zum Arbeitsmodus

"Ich glaube, dass die griechische Regierung verstanden hat, dass sie vom Wahlkampfmodus in den Arbeitsmodus umschalten muss", übte sich Finanzminister Hans Jörg Schelling im ORF-"Report" in Zuversicht, dass man sich in Brüssel mit Griechenland auf weitere Schritte verständigen kann. Athen hält bislang an der Forderung nach einem umfassenden Schuldenerlass fest. Wenn nach Auslaufen des mit harten Sparauflagen verbundenen Hilfsprogramms Ende Februar keine neue Vereinbarung gefunden wird, droht Griechenland die Staatspleite.

"Ich glaube, dass man rechtzeitig vor Ende Februar zu einer Lösung kommen kann, wenn es von Griechenland gewünscht wird", sagte Schelling im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch. Er bekräftigte damit, was am Dienstag bereits sein deutscher Amtskollege Wolfgang Schäuble erklärt hatte: Der Ball liege bei Griechenland. "Wenn Griechenland kein neues Programm will, ist es eben vorbei", sagte Schäuble. Am Mittwoch wolle man jedenfalls von Griechenland "etwas Verbindliches" hören.

Vorschlag diskutieren

Das griechische Parlament hat jedenfalls am späten Dienstagabend Tsipras das Vertrauen ausgesprochen. Finanzminister Yiannis Varoufakis wird am Mittwoch den Euro-Finanzministern die Vorschläge der griechischen Regierung vorlegen. Tsipras bekräftigte in seiner Rede noch einmal seinen Kurs. Erneut schloss die griechische Regierung auch eine Privatisierung der zwei größten Häfen aus. Ein Verkauf der Häfen in Piräus und Thessaloniki werde nicht weiter diskutiert, betonte ein Regierungssprecher im Fernsehen.

Dafür will Griechenland enger mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bei der Bekämpfung der Korruption und der Schaffung von Wachstum zusammenarbeiten, teilten Tsipras und OECD-Generalsekretär José Angel Gurria mit. Griechenland brauche Wachstum und mehr Einnahmen durch die Bekämpfung der Steuerhinterziehung, um aus der Krise zu kommen, sagte Gurria. "Wir sind da, um dabei zu helfen." In den kommenden Monaten soll eine Kommission aus OECD-Experten und Regierungsvertretern gebildet werden, die die Maßnahmen umsetzen soll.

Bedingungen

"Wir sind bereit zu helfen", kündigte auch Finanzminister Schelling an, "aber ein neues Programm hat natürlich Bedingungen, und diese Bedingungen müssen eingehalten werden." Will heißen: Athen muss alle Vorgaben von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds erfüllen. "Es geht gar nicht anders", so der Finanzminister. "Wenn es ein neues Programm gibt, wird man über die neuen Bedingungen reden können müssen."

Die österreichische Position sei innerhalb der Bundesregierung klar abgestimmt: "Wir haben uns klar dazu bekannt, es wird keinen Schuldenschnitt geben, und klar dazu bekannt, dass jedes weitere Programm bestimmte Konditionen erfüllen muss." Schelling schließt jedenfalls aus, dass Griechenland aus der Eurozone ausscheidet.

Euroaustritt für Währungsunion laut S&P verkraftbar

Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro wäre allerdings nach Ansicht der US-Ratingagentur Standard & Poor's für die Währungszone inzwischen verkraftbar. Wenn das an Athen verliehene Geld abgeschrieben werden müsste, hätte das wohl keine negativen Auswirkungen auf die Bonität der Geldgeber, sagte S&P-Chefanalyst Moritz Krämer der "Börsen-Zeitung" vom Mittwoch. "Entgegen der öffentlichen Meinung sind die Haftungssummen im Verhältnis der Wirtschaftskraft der Gläubiger gar nicht so hoch."

Deutschland habe etwa deutlich mehr Geld in die Rettung von deutschen Banken stecken müssen, als bei einem Totalverlust der Griechenland-Forderungen auf Deutschland zukäme, sagte Krämer. Wifo-Chef Wolfgang Aiginger fasste die Auswirkungen eines griechischen Euroaustritts auf Österreich vor wenigen Tagen im STANDARD so zusammen: "Tritt Griechenland aus der EU aus (aus dem Euro allein kann es das nicht), stürzt es in eine zehnjährige Krise. Es muss den Staatsbankrott anmelden, Österreich verliert bis zu zehn Milliarden Steuergeld direkt. Bei einem Ausgleich (Schuldenschnitt) weniger, bei Schuldenstreckung noch weniger."

Austritt "verheerend" für Griechenland

Für Griechenland selbst wäre ein Austritt aus dem Euro "verheerend", warnt auch der S&P-Analyst Krämer. "Die Bevölkerung müsste womöglich alle Entbehrungen noch einmal durchmachen, die sie bereits hinter sich wähnte." Griechenland sei so stark von Einfuhren abhängig wie kein anderes Land in der Eurozone. Bei einem Euroaustritt könnte es für Griechenland ohne Kredite schwierig werden, "seine importierten Energieträger, Nahrungsmittel und medizinische Güter zu finanzieren", so Krämer. (APA, rebu, 11.2.2015)