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Schon vor der Luzerner Fasnacht hat die Schweizer Notenbank für Schrecken bei Kreditnehmern gesorgt.

Foto: AP / Urs Flueeler

Wien - Die Freigabe des Wechselkurses durch die Schweizer Nationalbank im Jänner ließ den Eurokurs gegenüber dem Schweizer Franken auf den niedrigsten Wert seit November 2003 sinken. Für Franken-Kreditnehmer wird die Rückzahlungsverpflichtung dadurch nochmals massiv teurer.

In den Medien werden Beratungsfehler durch Banken und ein Versagen der Sicherheitsnetze kolportiert. Für Kreditnehmer bedeutet dies, dass sie sich mit der Verjährung von Ansprüchen aus mangelhafter Anlageberatung auseinandersetzen sollten. Diese verjähren innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Doch ab welchem Zeitpunkt liegt eine konkrete Kenntnis vor? Genügen Medienberichte über den Kursverlust?

Die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt grundsätzlich mit Kenntnis der Kursverluste (Primärschaden). Dies gilt auch für die Fälle, in denen der Geschädigte die Höhe des Schadens noch nicht beziffern kann, ihm nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese noch nicht zur Gänze eingetreten sind, sodass nur eine Feststellungsklage möglich ist. Wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon als zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteilgeworden wäre. Ob darunter auch die umfassen- de Medienberichterstattung fällt, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.

Der Oberste Gerichtshof hat im Vorjahr den Zeitpunkt präzisiert, ab dem die dreijährige Verjährungsfrist erstmals ausgelöst wird (29. 4. 2014, 2 Ob 30/14x). Die Frist beginnt jedenfalls zu laufen, sobald dem Kreditnehmer ein Depotauszug vorliegt, aus dem deutliche Verluste erkennbar sind. Diese müssen auch mit den ursprünglichen Erwartungen an das Produkt im Widerspruch stehen.

Beratungsgespräch mit der Bank

Ein weiterer Zeitpunkt, zu dem von der Kenntnisnahme des Primärschadens ausgegangen wird, ist ein Beratungsgespräch mit der Bank, in dem eine etwaige Umschuldung diskutiert wird oder die Kursverluste dem Kreditnehmer in sonstiger Form dargelegt werden. Es gibt aber durchaus Szenarien, in denen sich die Erkennbarkeit des Schadens verzögert, wie etwa Beschwichtigungsversuche des Anlageberaters.

Wer hat nun Chancen, seine Ansprüche erfolgreich geltend zu machen? Für Kreditnehmer, die bei einem Euro-Franken-Kursverhältnis zwischen 1,40 und 1,60 eingestiegen sind und bereits in der Vergangenheit einen Kurssturz auf 1,20 hinnehmen mussten, könnte es bereits zu spät sein. Denn die Kenntnis des Primärschadens wird wohl bereits mehr als drei Jahre zurückliegen. Auch für diese Gruppe von Kreditnehmern kann hinsichtlich des zusätzlichen Schadens die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnen.

Ein solches Ereignis wäre etwa ein Beratungsgespräch mit dem Bankberater, in dem von der Konvertierung des Schweizer-Franken-Kredites abgeraten wurde. Dies geschah in einzelnen Fällen mit dem Argument, dass der Eurokurs im Verhältnis zum Schweizer Franken nicht mehr absinken könne, da die Schweizer Notenbank den Franken bei einem Kurs von 1,20 "eingefroren" hatte.

Häufiger war wohl Fehlberatung im Zusammenhang mit "Stop-Loss-Orders". Vielen Kreditnehmern wurde mit diesem Instrument die Illusion einer absoluten Absicherung gegenüber hohen Kursverlusten vermittelt. Dass im Falle der Wechselkursfreigabe diese nicht im gewünschten Ausmaß wirksam sein werden, wäre vorhersehbar gewesen. Denn der Stop-Kurs garantiert keinen bestimmten Kurs, sondern löst eine Verkaufsorder aus. Und der Verkaufskurs kann, wie im Franken-Fall, dann deutlich tiefer liegen.

Betroffene, die innerhalb der letzten drei Jahre eine solche Fehlberatung erhalten haben, sollten neben dem Beratungsgespräch mit ihre Bank sich auch juristischen Rat einholen. Und vor allem gilt: Panik vermeiden. (Karim Weber, DER STANDARD, 9.2.2015)