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Jahrelang galt in den die USA die Prohibition. Das Ergebnis ist bekannt: Wohl nie wurde in den Staaten so viel Alkohol konsumiert wie zu dieser Zeit. Durstige New Yorker bekamen ihn in Speakeasy-Bars, illegal - und in der Regel von erbärmlicher Qualität.

Foto: AP Photo/Carson Walker

Der Weg führt über eine verdreckte Stiege hinter einem hüfthohen Metalltor in der Lower East Side von Manhattan, über den dunklen Gang und einen Hinterhof voller Müllsäcke ein paar Stufen hinauf zu einer Tür. Nach dem Klopfen öffnet ein Mann, der Al Pacinos Bruder sein könnte und nur eine Frage stellt: "Password?" Willkommen im "Back Room" (Hinterzimmer), einem Lokal wie zu Zeiten der Prohibition.

Erbärmliche Qualität

Das Passwort an diesem Abend lautet "We Shall Overcome". Wer es weiß, darf hinein in die sogenannte Speakeasy-Bar. Während der 1920er und frühen 30er-Jahre gab es in New York Tausende solcher Lokale. Es waren die Jahre des Alkoholverbots, als illegale Gangs ihre Imperien errichteten. Das Ergebnis ist bekannt: Wohl nie wurde in den USA so viel Alkohol konsumiert wie zu dieser Zeit. Durstige New Yorker bekamen ihn in Speakeasy-Bars, illegal - und in der Regel von erbärmlicher Qualität.

"Speakeasy" bedeutet so viel wie leise sprechen, flüstern. Das war Bedingung, um nicht die Aufmerksamkeit nüchtern gesetzestreuer Nachbarn oder gar der Polizei zu erregen. Hinein kam nur, wer eingeweiht war und das Passwort kannte.

Al Capone soll auch hier gewesen sein

Seit 15 Jahren setzen New Yorker Wirte auf diese Gangster-Nostalgie und lassen die Tradition wiederaufleben. Der "Back Room" ist ähnlich schummrig beleuchtet wie der Gang, der zu ihm führt. Es gibt Kronleuchter an der Decke, rote Tapeten mit goldfarbenen Ornamenten an der Wand. Durch den Raum schallen Live-Jazz-Klänge. Die Gäste sitzen auf plüschigen Sofas vor einem Kamin oder an der hölzernen Theke.

Das Lokal rühmt sich damit, dass hier vor 90 Jahren Gangster wie Meyer Lansky und Lucky Luciano Geschäfte abgeschlossen haben. Auch Al Capone soll hin und wieder durch einen der Geheimgänge hinzugestoßen sein, wie Barkeeper Chris erzählt. Er stellt drei Keramiktassen auf die Bar, füllt sie mit dem Cocktail-Klassiker Moscow Mule und sagt: "Die haben früher nur aus Tassen getrunken, damit sie im Zweifelsfall immer noch so tun konnten, als tränken sie Tee."

Irgendwie sexy

Adam nimmt seine Tasse und trinkt einen Schluck. Er ist 30, Autor, lehrt an der New Yorker Columbia-Universität und sagt: "Ich bin generell ein nostalgischer Typ und wenn ich in solchen Bars bin, die mich an Sachen erinnern, die nicht mehr existieren, dann fühle ich mich wohl. Und irgendwie sexy." Adam ist allerdings eher die Ausnahme. Genau wie die jungen Menschen mit Federn im Haar und Nadelstreifen auf dem Anzug, die sich hier treffen, um Swing zu tanzen.

Etwa zwei Drittel der Gäste sind mittlerweile gut informierte Touristen, wie Manager Pete erklärt. Er blickt aufs No-Smoking-Zeichen neben dem Eingang und lacht: "Das war damals auch nicht hier. Aber die Drinks sind jetzt zumindest nicht mehr lebensgefährlich." Dann klopft es wieder. "Password?" Drei Inder mit Akzent gestehen, dass sie es nicht kennen. Pete lässt sie trotzdem hinein, setzt sein Al-Pacino-Grinsen auf und sagt: "Nun ja, Geschäft ist Geschäft." (APA, derStandard.at, 11.2.2015)