Bild nicht mehr verfügbar.

Jon Stewart gibt die "Daily Show" auf.

Foto: APA/EPA/ANDREW COWIE

Wie ernst kann man den Rücktritt eines Mannes nehmen, der sich 16 Jahre und fünf Monate über fast alles und die US-Politik im Besonderen lustig machte? So ernst, wie Jon Stewarts Nachrichtensatire "Daily Show" war: Sie übersteigert und legt schonungslos offen, was ist.

Nötigenfalls auch mit einer politischen Bewegung, um die konservative Tea Party zu persiflieren – wie 2010 mit der Initiative "zur Wiederherstellung von Vernunft – oder Angst", die Hunderttausende mobilisierte. Im Kern steht diese Satire der Realität oft näher als ernst gemeinte ultrarechtskonservative Kommentatoren auf Fox News.

Man kann ihn so ernst nehmen wie seine Gäste – Barack Obama war einer, Bill Clinton, Ted Kennedy und Jimmy Carter. Ein US-Senator gab in der "Daily Show" bekannt, dass er ins Rennen um die US-Präsidentschaft gehe. "Wir sind keine richtigen Nachrichten", erinnerte ihn Stewart. "Ich weiß nicht, ob diese Kandidatur jetzt zählt."

Und man kann Jon Stewart so ernst nehmen wie Publikum und Wissenschaft: Das Pew Research Center wunderte sich schon 2007, dass der Host einer Satireshow in einer Umfrage auf Platz vier der am meisten bewunderten Journalisten landete; es konstatierte Reichweiten wie bei vielen echten Nachrichtensendungen und fand ein hochgebildetes Publikum vor. Mehrere Studien bescheinigten, dass das Publikum aus Satire-News wie der Daily Show oder The Colbert Report mehr Informationen mitnehmen denn aus herkömmlichen Nachrichten, dass die Show wichtigste Nachrichtenquelle junger US-Amerikaner ist und Stewart vertrauenswürdigster Anchor.

Dienstagnacht machte Jon Stewart Ernst: Nach fast 17 Jahren wolle er mit seiner Familie abendessen – "mehrere Quellen sagen, das sind wunderbare Menschen". Stewart, 52 und Hundefreund, ist seit 2000 mit der Tiermedizintechnikerin Tracey McShane verheiratet, sie haben zwei Kinder. Was er sonst tun wird, wisse er nicht, habe aber viele Ideen, sagte Stewart on air und zerdrückte eine Träne ("Was ist denn das für eine Flüssigkeit?"). 2013 pausierte er, um den Film Rosewater über einen im Iran inhaftierten Journalisten zu drehen. Offen ist auch seine Nachfolge – und wann er heuer genau geht.

Eher nicht ernst zu nehmen ist ein Tipp auf Twitter: Stewart könnte statt Brian Williams NBC-Anchor werden. Der wurde suspendiert, weil er Reportagen mit erfundenen Heldenstorys aufpeppte. (Harald Fidler, DER STANDARD, 12.2.2015)