Es war vor allem Mundpropaganda. In den vergangenen Wochen hat sich im Kosovo herumgesprochen, dass man an der ungarischen Grenze quasi durchgewinkt wird. Seither brachen tausende Kosovaren auf, um über Serbien in die EU zu kommen. Im Unterschied zur kroatischen ist die ungarische Grenze durchlässig. Die Armutsflüchtlinge gehen in jene Länder, wo sie Verwandte und Freunde haben. Deshalb wollen die meisten in die Schweiz, nach Deutschland oder Österreich.

Die einzige Möglichkeit, die Zahl der Asylsuchenden zu reduzieren, ist, die Verfahren kürzer zu machen. Das heißt aber nicht, dass weniger Südosteuropäer nach EU-Europa kommen werden. Sie werden nur weniger oft um Asyl ansuchen. Im Kosovo gibt es etwa 300.000 Jobs, davon ein Drittel im öffentlichen Bereich. Es gibt aber 800.000 Personen, die arbeitsfähig sind und Arbeit brauchen, um für ihre Familien soziale Sicherheit zu schaffen. Die Situation wird sich in den kommenden Jahren nicht ändern, sondern wahrscheinlich verschlimmern, auf dem gesamten Balkan.

Für diese wirtschaftlichen Probleme braucht man wirtschaftspolitische Antworten. Den Balkan auszuklammern ist für die EU kaum sinnvoll: Es handelt sich nicht um eine Insel. In der Zwischenzeit kann man aber auch Gesetze verbessern wie etwa das Grenzabkommen zwischen Serbien und dem Kosovo. Dieses wurde zwar von der EU mit ausverhandelt, ist aber in der Praxis offenbar kontraproduktiv. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 12.2.2015)