Nach mehr als einem Jahr nimmt sich die spanische Justiz jetzt doch der 15 toten Flüchtlinge von Ceuta an. Ein Gericht in der spanischen Exklave an der nordafrikanischen Küste ermittelt gegen 16 Grenzbeamte der Guardia Civil. Sie werden beschuldigt, am Tod der Flüchtlinge mitverantwortlich zu sein. Zu der Tragödie kam es am 6. Februar 2014, als über 200 Schwarzafrikaner die Grenze zwischen Marokko und Ceuta zu stürmen versuchten. Einige wollten die Grenzanlagen umschwimmen, daraufhin setzte die Guardia Civil Tränengas und Gummigeschoße ein. In der Panik ertranken 15 der Flüchtlinge.

Monatelang hatten unterschiedliche Instanzen den Fall hin- und hergeschoben. Jetzt nimmt sich ein Ermittlungsgericht in Ceuta der Tragödie an. Ab 3. März werden die 16 Beamten verhört. Die Nebenkläger hatten auf Ermittlungen wegen Totschlags bestanden. Das Gericht gab dem nicht statt. Zunächst soll nur einmal festgestellt werden, ob ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz und den Todesfällen besteht.

Minister verteidigt Beamte

Genau einen solchen Zusammenhang streitet der spanische Innenminister Jorge Fernández Díaz bis heute ab. Der Minister, der in den ersten Tagen nach der Tragödie sogar den Einsatz als solchen leugnete, erklärte angesichts der Ermittlungen: "Wir, die Regierung, und ich als Innenminister sind davon überzeugt, dass die Beamten unschuldig sind." Eines steht fest: Die vorgeladenen Beamten setzten Gummigeschoße ein. Bisher bestehen sie aber darauf, dass dies aus einer "vernünftigen Entfernung" geschehen sei.

Die Anzeige, die jetzt zu den Ermittlungen führte, wurde von Flüchtlingshilfsorganisationen und NGOs eingereicht. Die Leichen von fünf Opfern wurden in Spanien geborgen, die restlichen zehn in Marokko. Das Gericht hat die gerichtsmedizinischen Berichte im Nachbarland angefordert. Bisher wurden weder Überlebende des Dramas verhört, noch haben sich spanische Behörden mit den Familien der Opfer in Verbindung gesetzt. Alle bisher bekannten Augenzeugenberichte gehen auf die Untersuchung verschiedener NGOs zurück.

Die sozialistische Oppositionspartei PSOE verlangt, dass sich die Richterin auch der Politiker im Innenministerium annehme. Es sei "bedauerlich, dass gegen die Beamten, die Befehle ausführten, ermittelt wird" und "nicht gegen die Politiker, die die Befehle gaben", erklärte der PSOE-Generalsekretär in Ceuta, José Antonio Carrasco, am Donnerstag. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 13.2.2015)