Wien - Bei amerikanischen Wahlkämpfen ist es fixer Bestandteil, auch für heimische Nationalratswahlen wurde Dirty Campaigning schon entdeckt. Nun kommt es, zumindest in Ansätzen, auch im Wirtschaftskammer-Wahlkampf zum Einsatz (die Wahl findet zwischen 24. und 26. Februar statt).

Das jüngste Beispiel: Der ÖVP-Wirtschaftsbund tritt in Wien in der Fachgruppe "Werbung und Marktkommunikation" unter dem gleichen Namen wie der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) an, nämlich unter "Team Werbung Wien". Unterscheidbar sind die Listen nur durch die Zusätze auf dem Wahlzettel:

Marcus Arige vom SWV zeigt sich jedenfalls empört über die Vorgangsweise der Schwarzen. Man verwende die Bezeichnung Team Werbung Wien seit sechs Jahren, habe eine eigene Homepage eingerichtet. Vor allem in der Werbewirtschaft sei der Namensklau ein "No-Go", Arige ortet einen klaren Widerspruch zum Kampf der Branche gegen die Verletzung von Urheberrecht, Copyright und Markenschutz. "Sie wollen mit unserem guten Ruf Stimmen abstauben", glaubt er.

Kein Markenname

Die ÖVP-Spitzenkandidatin Birgit Kraft-Kinz weist derartige Vorwürfe entschieden zurück. Dirty Campaigning "lehne ich total ab", sagt sie. Selbiges betreibe aber der SWV, der über Facebook und Twitter mobilisiert.

"Werbung Wien" sei die gängige Bezeichnung für die Fachgruppe, und da es dort eben mehrere Teams gebe, habe man sich ebenfalls für diese Bezeichnung entschieden, sagt Kraft-Kinz. Der Begriff sei weder als Marke noch als Patent angemeldet. Außerdem habe auch die Hauptwahlkommission einstimmig, also mit Zustimmung der SWV-Vertreter, die Listennamen abgesegnet. Darauf verweist auch die Presseabteilung der Wiener Kammer.

"Das ist schlichtweg gelogen", kontert Arige. Er ortet jedenfalls einen klaren Verstoß gegen die Wahlordnung, die eine "eindeutige Unterscheidbarkeit" der Listen verlange. Der SWV versucht nun den Namen der Schwarzen per einstweiliger Verfügung zu bekämpfen. Sollte man damit vor der Wahl scheitern, werde man voraussichtlich das Wahlergebnis anfechten, sagt Arige.

Vorwürfe wegen Wahlfälschung

Gekämpft wird aber auch an anderen Fronten. Das Magazin "News" berichtete zuletzt über ein laufendes Verfahren gegen den roten Gastro-Spartenobmann Wilhelm Turecek. Es geht um den Verdacht der Wahlfälschung bei der letzten Wahl im Jahr 2010. Neu sind die Vorwürfe, die auch gegen Vertreter anderer Fraktionen bestehen, zwar nicht. Der ÖVP-Wirtschaftsbund zeigte sich danach aber "schockiert über den Zustand des SWV". Und: "Wir haben bereits in der Hauptwahlkommission schriftlich darauf hingewiesen, dass hier erneut starke Verdachtsmomente auf ein linkes Spiel entstanden sind", erklärte der Direktor des Wiener Wirtschaftsbundes, Alexander Biach.

Ein weiteres Match liefern sich Rot und Schwarz wegen eines Wahlkarten-Abholservice in Wien. Auch dieser ist seit der letzten Wahl Gegenstand von Ermittlungen der Justiz. Dass Kammerfunktionäre Wahlkarten bei den Betrieben abholen, ist für einige Verfassungsrechtler ein möglicher Verstoß gegen das geheime Wahlrecht. Die Wirtschaftskammer verteidigte die noch immer übliche Praxis zuletzt in der "Wiener Zeitung". Man habe Mitarbeiter extra für die Abholung geschult, damit es nicht wieder zu Problemen wie bei der letzten Wahl komme, hieß es.

Ein Ende der Streitigkeiten ist jedenfalls nicht in Sicht. Der SWV droht auch hier mit einer Wahlanfechtung. (Günther Oswald, derStandard.at, 13.2.2015)