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Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und die europäischen Staats- und Regierungschefs hatten am Donnerstag in Brüssel die neuesten Entwicklungen in der Ukraine-Krise zu besprechen.

Foto: AP / Geert Vanden Wijngaert

Die Vereinbarungen beim Friedensgipfel in Minsk seien nur "ein Hoffnungsschimmer - nicht mehr und nicht weniger". Mit dieser lapidaren Einleitung eröffnete die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Brüssel die Beratungen beim EU-Gipfel in Brüssel. Nun sei entscheidend, "dass den Worten Taten folgen".

Das Thema Ukraine bestimmte ganz die Tagesordnung der Staats- und Regierungschefs, die sich ursprünglich und eigentlich über die gemeinsame Bekämpfung des Terrorismus unterhalten wollten - Folge der Anschläge in Paris im Jänner. Auch die Probleme von Griechenland mit dem Eurohilfspaket mussten beim ersten Besuch des neuen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in den Hintergrund treten.

Wegen der dramatischen Ereignisse in Minsk - Merkel und der französische Präsident François Hollande hatten mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko die ganze Nacht durchverhandelt - musste der Start des Gipfels verschoben werden: "Merlande", wie das europäische Führungsduo genannt wird, reiste direkt an.

Steinmeier: Keine umfassende Lösung

Die meisten EU-Premierminister schwankten in ihrer Einschätzung der Ergebnisse zunächst zwischen Erleichterung und Skepsis. Man könne nicht von einem Durchbruch sprechen, warnte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier; es handle sich nicht um eine umfassende Lösung. Weil das so ist, dürfte sich an der Aufrechterhaltung der EU-Sanktionen, die die Union gegen russische wie ukrainische Personen und Firmen verhängt hat, weil sie diese für eine Eskalation der Gewalt und des Bürgerkrieges verantwortlich machen, so rasch nichts ändern.

EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini kündigte, ohne auf Details einzugehen, einen Vorstoß für Maßnahmen an, die dazu führen sollen, dass die Umsetzung des Abkommens auch eingehalten wird. So wichtig die Unterzeichnung der Vereinbarung auch sei, "die Implementierung ist das Entscheidende", erklärte die Italienerin. Ob die von den Außenministern erst am Montag "auf Vorrat" beschlossene Ausweitung der EU-Sanktionen auf 19 Personen und neun Firmen in Kraft tritt oder nicht, ließ sie offen. Formell würde das automatisch eintreten, wenn es keinen anderweitigen Außenministerbeschluss gibt.

Mitsprache für Moskau

Offen ist auch, was mit einem Passus im Abkommen gemeint ist, der sich direkt auf das zwischen der EU und der Ukraine abgeschlossene Assoziations- und Freihandelsabkommen bezieht. Es heißt darin, dass in "trilateralen Gesprächen" - also zwischen EU, der Ukraine und Russland - Lösungen für Bedenken erreicht werden sollen, die Russland mit Blick auf die Umsetzung des Handelsabkommens geäußert hatte".

Der Widerstand Wladimir Putins gegen dieses Abkommen und die Verweigerung der Unterschrift durch den damaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch war der Auslöser für die Maidan-Proteste, die Eskalation, Janukowitschs Flucht und die Annexion der Krim durch Russland.

"Noch sehr viel Arbeit zu leisten"

Ob die Vereinbarung bedeutet, dass Russland Einspruchsrechte bekommt, war zunächst unklar. Deutschland und Frankreich sagte technische Hilfe für die Wiederherstellung des Bankensektors in der Ostukraine zu. Laut Merkel sei noch "sehr viel Arbeit zu leisten", ehe von einem Erfolg des Friedensabkommens gesprochen werden könne.

Vertreter der baltischen Staaten zeigten sich sehr zurückhaltend bezüglich der Ergebnisse. Offensichtlich handle es sich nicht um "endgültige Vereinbarungen", zeigte sich der litauische Außenminister besorgt. Seine estnische Kollegin Keit Pentus-Rosimannus erklärte in Tallinn, es könne "keine Rede davon sein, die europäischen Sanktionen gegen Russland zu mildern". Um das zu tun, braucht es Einstimmigkeit. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 13.2.2015)