Klaus Luger, Bürgermeister von Linz.

Foto: Werner Dedl

STANDARD: Oberösterreichs FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner hat bekundet, er fände es generell "lächerlich", wenn Politiker bei Pegida mitgehen, gewählte Volksvertreter hätten auf der Straße nicht zu suchen. Sind Sie deswegen nicht, wie eigentlich geplant, bei der Gegendemo am vergangenen Sonntag mitmarschiert?

Luger: Nein. Ich war krank. Aber ich glaube, dass man sich als Politiker zu gesellschaftspolitischen Themen grundsätzlich positionieren sollte. Und eine Form, sich in der Demokratie gesellschaftspolitisch zu deklarieren, ist es, an einer Kundgebung teilzunehmen. Meine Teilnahme hätte ich als ein Zeichen gegen eine Aufspaltung unserer Gesellschaft und gegen Pauschalverurteilungen gesehen.

STANDARD: Demnach gehört für Sie der Islam zu Österreich?

Luger: Der Islam ist seit über 100 Jahren eine staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft in Österreich, der in Linz zehn Prozent der Bevölkerung angehören. So gesehen ist der Islam ein völlig normaler Teil der Religionskultur in Österreich.

STANDARD: Beim Thema Integration wird in der SPÖ aktuell stark gerungen. Ist Bestrafung für Integrationsunwillige der richtige Weg?

Luger: Objektiv gesehen nicht. Ich meine, dass die derzeitigen Maßnahmen im Verwaltungsrecht völlig ausreichen. Auch habe ich in Linz weder eine Schule noch einen Kindergarten, der nach mehr Strafen schreien würde. Natürlich gibt es punktuell Probleme mit reaktionären Frauenbildern, wenn etwa ein Vater nicht mit der Lehrerin spricht. Das Problem wird aber mit 200 Euro Strafe nicht gelöst. Vielmehr haben die Direktoren und die Schulbehörde sicherzustellen, dass solche Vorfälle aufgearbeitet werden.

STANDARD: Gibt es beim Kernthema Integration in Ihrer Partei keine einheitliche Linie?

Luger: Die Sozialdemokratie hat Schwierigkeiten, ihre Position zu finden. Auf der einen Seite den Laisser-faire-Stil und auf der anderen Seite Bevormundung und Autorität. Wenn man so will, die Roten bewegen sich hier zwischen den Polen Grün und Blau. Ich glaube, die SPÖ tut sich deshalb schwer, weil bei uns noch immer einige dem Kons trukt einer Leitkultur anhängen. Die gibt es in Ländern Mitteleuropas nicht mehr. Wir sind Staaten und Nationen der absoluten Vielfalt geworden. Das Schwierige ist, diese Gesellschaft zu organisieren – darüber gibt es in meiner Partei sehr unterschiedliche Meinungen.

STANDARD: Mangelnde Geschlossenheit kann sich aber gerade in einem Wahljahr bitter rächen.

Luger: Natürlich stellt es einer Partei kein gutes Zeugnis aus, wenn sie nach außen hin keinen klaren Standpunkt bezieht. Aber wir haben in Oberösterreich ein gemeinsames Ziel für die Landtagswahl: Die 25 Prozent vom letzten Mal müssen überschritten werden.

STANDARD: Da legt man sich die Latte aber gewaltig tief – und nimmt letztlich auf dem Weg aus dem Keller doch nur die erste Stiege, oder?

Luger: Jeder würde wahrscheinlich lieber zwei oder drei Stiegen nehmen. Aber man muss die Chancen realistisch bewerten.

STANDARD: Warum ist nicht mehr drinnen?

Luger: Ein Grund ist, dass die Aufarbeitung nach der Niederlage 2009 lange gedauert hat – und ein sehr nach innen gerichteter Prozess war. Da ändert sich wenig.

STANDARD: Durchaus möglich ist, dass der politische Mitbewerber Ihren jüngsten "Deal" im Wahlkampf gegen die SPÖ verwendet: Die Magistratsreform haben Sie nur dank FPÖ auf den Weg gebracht.

Luger: Und? Dazu stehe ich voll und ganz. Mit der ÖVP und den Grünen sind die Verhandlungen eben gescheitert. Bei so wichtigen Projekten gilt: Zur Seite mit der Ideologie. Aber gut, da tu ich mir halt auf kommunaler Ebene durchaus leichter. Rot-Blau auf Bundesebene geht gar nicht. (Markus Rohrhofer, Kerstin Scheller, DER STANDARD, 13.2.2015)