STANDARD: Wir sollen länger arbeiten, gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit 50+. Was passt da nicht?
Brodey: Älterwerden im Arbeitsprozess heißt noch immer automatisch teurer werden.
Brenner: Das ist falsch.
STANDARD: Grundsätzlich? Wieso? Ältere können vielleicht mehr als Junge ...
Brenner: Nein, wenn das das Motiv für "teurer" ist, dann passt das ja. Aber das Alter per se darf nicht Grund sein.
Brodey: Ich erwarte, dass die Diskussion gegen die Senioritätskurven in so vielen Kollektivverträgen von den jüngsten Urteilen zur Altersdiskriminierung gegenüber Jungen etwas bewegen wird.
STANDARD: Was sollte mit dem erhöhten Kündigungsschutz geschehen?
Brenner: Der sollte weg. Wie auch bei Lehrlingen - gut gemeint ist in dem Fall nicht gut, sondern führt zu oft auch irrationalen Widerständen, Ältere einzustellen. Wir schleppen Altlasten aus Zeiten mit uns in sehr vielen Branchen, die nicht mehr angemessen sind. Tatsächlich brauchen wir Anreizmodelle für Unternehmen, die Ältere einstellen in Form von Kostenentlastung bei den Lohnnebenkosten. Ich halte das für eine der Stellschrauben in der Abgaben- und Steuerdebatte. Warum dritteln wir nicht die Ersparnis der Pensionszahlung zwischen Staat, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wenn Ältere beschäftigt werden?
Brodey: Es geht um eine Änderung im Mindset, auch in den Köpfen der Topmanager und der Personalentscheider - auch da herrscht oft noch das Negativbild der Arbeit vor, gilt die Pension als Elysium, auf das es zu warten gilt.
STANDARD: Und wie sollte die Einkommenskurve konkret abgeflacht werden?
Brenner: Zum Beispiel ein Stopp der Biennalsprünge nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit.
STANDARD: Wie einfach ist es, 50+ unterzubringen? Wo doch Ältere auch die Ersten sind, die draußen sind, wenn's geht ...
Brenner: Wir arbeiten sehr stark beratend. Mittlerweile höre ich weniger oft: bitte nur bis maximal 35.
STANDARD: Versitzen die Alten den Jungen die Jobs?
Brenner: Natürlich nicht. Die Vorstellung, dass oben einer rausgeht und für ihn unten einer nachkommt, ist ja absurd.
STANDARD: Aber mit dem Teilen - oder mit einer Neudefinition des Jobs ab Mitte 50: Das klappt auch nicht ...
Brodey: Ja, es ist gesellschaftlich nicht erwünscht, sozusagen abzusteigen. Ob es klappt oder nicht hängt allerdings wesentlich davon ab, ob Organisationen aktiv Generationenmanagement implementieren oder nicht. Ohne Plan, ohne Klarheit, ohne Struktur geht es nicht. (DER STANDARD, 14./15.02.2015)