Wien - Tiefe Eiszeit herrscht zwischen dem Management der Heta (früher: Hypo Alpe Adria) und deren früheren Forensikchef, Christian Böhler. Der gebürtige Steirer hat die kriminalistische Abteilung der Bank ab 2010 geleitet, unter seiner Ägide wurde die Vergangenheit erforscht und der Boden für Verfahren aufbereitet.

Im September des Vorjahres wurde der Exgendarm, der nach seinem Wirtschaftsstudium bei Prüfer KPMG gearbeitet hat, entlassen. Und: Die Bank hat Böhler bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Bankwesengesetz (Bruch des Bankgeheimnisses) und des Datenschutzgesetzes angezeigt. Laut Sachverhaltsdarstellung von September 2014 wurde die Staatsanwaltschaft zudem um Prüfung in Richtung Nötigung, Erpressung und sogar Verrat von Staatsgeheimnissen gebeten. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt bestätigt auf Anfrage des Standard, Ermittlungen zu führen.

Eine Frage der Daten

Der Heta-Sprecher erklärt die ungewöhnlichen Vorgänge so: "Anlass für die Beendigung des Dienstverhältnisses mit Herrn Böhler war die unbefugte, rechtswidrige Weiterleitung höchst vertraulicher, sensibler Daten, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Heta beinhalten und dem Bankgeheimnis unterliegen." Böhler bestreitet das heftig, keiner der Vorwürfe stimme. Es gilt die Unschuldsvermutung.

In der Hypo, aus der mittlerweile die Abwicklungsgesellschaft Heta geworden ist, gab und gibt es immer wieder Richtungsstreitigkeiten zur Vergangenheitsbewältigung. Die einen wollen die Aufräumarbeiten, die oft auch Vorfälle aus der jüngeren Zeit betreffen, stoppen - Böhler gehörte zur anderen Fraktion, wie er auch in seinen medialen Auftritten nicht müde wurde, zu betonen. Bei der Bankführung hat Letzteres für gröberen Unwillen gesorgt.

Hintergrund des unsanften Abgangs (Böhler hat gegen seine Entlassung geklagt, das Arbeitsgerichtsverfahren ruht wegen der strafrechtlichen Ermittlungen) sind jedenfalls sicher folgende Fakten: Böhler hat Anfang 2014 mit einem Partner ein Unternehmen gegründet (CM International Tracing), das er inzwischen auch führt. Laut Böhler hat er die Gesellschaft erst nach Rücksprache mit der Bank gegründet. Das Unternehmen habe nichts mit der Hypo zu tun.

Eine Frage der Politik

Was, zweitens, dazu kommt: Der 40-Jährige engagiert sich seit längerem politisch, ist Vizelandessprecher der Neos in der Steiermark. Die Neos, bei denen es auch eine Hypo-Arbeitsgruppe gibt, haben in der Vergangenheit immer wieder Unterlagen zum Thema Hypo vorgelegt. Böhler beteuert, mit diesen Dokumenten und ihrer Veröffentlichung nichts zu tun zu haben: "Ich kenne die Gesetze und befolge sie."

In der Heta ist auf Christian Böhler dann interimistisch Jurist Walter Unzeitig gefolgt, er hat die Bank aber wie berichtet verlassen, um als Rechtsanwalt zu arbeiten. Derzeit ist Thomas Pawlik interimistischer Chef-Forensiker. In der staatlichen Abbaugesellschaft hat sich inzwischen aber sowieso die Gruppe der Forensik-Skeptiker durchgesetzt. Die Nachforschungsabteilung wird daher verkleinert und in die Compliance-Abteilung eingegliedert, wie man in der Bank bestätigt.

Für die Compliance-Abteilung wiederum wurde mithilfe eines Personalberaters eine neue Führung gesucht, und die dürfte nun auch gefunden sein. Zu Beginn dieser Woche hat der Heta-Vorstand die Entscheidung gefällt, und sollten die Verhandlungen klappen, macht eine frühere Mitarbeiterin von PricewaterhouseCoopers (PwC) das Rennen.

Die Vergangenheit der Hypo wird u. a. von bankinternen Forensikern aufgearbeitet. Gegen deren Ex-Chef erhebt die jetzige Heta diverse strafrechtliche Vorwürfe. Die Forensik wird nun zurückgefahren. (Renate Graber, DER STANDARD, 14.2.2015)