Beaver Creek - Adnet, ja der ganze Tennengau und seine Umgebung, davon ist auszugehen, werden am Valentinstag auf den Beinen sein. Schließlich kommt die Doppelweltmeisterin nach Hause. Anna Fenninger, der erfolgreichste Export der Gemeinde nach dem Marmor, wird ab 14 Uhr, also in etwa um die Zeit auf dem Hauptplatz empfangen, zu der drüben in Colorado die besten Skidamen ihre intensive Vorbereitung auf den WM-Slalom beginnen.
Fenninger fährt nur noch zu Kombizwecken Slalom, also konnte sich die 25-Jährige vor der Abreise aus den USA ganz der Freude über ihr zweites Gold hingeben. Die Slowenin Tina Maze könnte ihr mit einem Triumph im Slalom den Titel "erfolgreichste Sportlerin der 43. Alpinen Weltmeisterschaften" noch abnehmen. Das wäre allerdings verkraftbar. Die erste Österreicherin seit Renate Götschl 1999, die mit drei Medaillen heimkehrt, hat sich mit dem Sieg im Riesentorlauf nämlich den größten Wunsch erfüllt. "Das ist die Disziplin mit dem höchsten Arbeitsaufwand. Ich war schon ziemlich weg, habe mich aber wieder zurückgekämpft." Die paar Tränen des Glücks, die sie bei der Siegerehrung vergossen hatte, waren Ausdruck dessen, wie sehr ihr an einem Erfolg gerade in diesem Rennen gelegen war.
Retrospektiv spielten da die zwei Hundertstel, die auf ihren ersten Abfahrtssieg gefehlt hatten, keine besondere Rolle. "Natürlich war die Chance, Abfahrtsweltmeisterin zu werden, sehr groß. Aber dafür, dass mir die Abfahrt nicht so wichtig ist, ist Silber gar nicht schlecht."
Gar überragend war sie im Riesenslalom, den sie trotz eines kapitalen Fehlers im Finish des zweiten Laufs überlegen gewann. "Ich war so gut, dass ich sogar Pflug fahren konnte", beliebte Fenninger über die Schrecksekunde während des Rennens zu scherzen. Cheftrainer Jürgen Kriechbaum wähnte sich einem Herzinfarkt nahe, zumal unmittelbar vor Fenningers Siegesfahrt Michaela Kirchgasser von Rang zwei weit zurückgefallen war. "Um ein Haar wären wir mit leeren Händen dagestanden."
Schmerz der Entspannung
Fenninger verließ die WM schwer beladen - nach elf fordernden Tagen auf rund 3000 Metern Seehöhe. "Man muss abschalten, darf aber den Bogen auch nie ganz entspannen. Das ist mental sehr schwierig", sagte sie. "Die Kunst ist, die Spannung so aufzubauen, dass man im richtigen Moment wieder da ist." Der totale Spannungsabfall war dann eher unangenehm. "Das Genick, das Kreuz, eigentlich tut mir alles weh, jetzt, wo der Körper loslässt." Der Linie abseits der Piste hat das alles leicht geschadet. "In Stresssituationen hat man automatisch weniger Appetit."
Mit 25 Jahren hat Fenninger das erreicht, was ihr schon im Teenager-Alter vorhergesagt worden war. "Neue Pröll" war sie gar geheißen worden, dieser Schuh drohte auch psychisch einfach zu groß zu werden. "Was mir nicht alles vorhergesagt wurde. Das war wirklich eine schwierige Zeit." Die jetzt erzielten Erfolge seien "Früchte der Arbeit seit vielen Jahren und nicht, weil ich als talentiertes Mädel mit 16 alles gewonnen habe. Dass ich das geschafft habe, macht die Leistung nur umso größer."
Olympia vor einem Jahr habe schon sehr viel verändert. Der folgende Gesamtweltcupsieg sowieso. "Das Gefühl, alles erreicht zu haben, wurde durch die WM nun bestätigt." Natürlich will Fenninger ihr Niveau halten. "Ich hoffe nicht, dass das jetzt der Höhepunkt war und es ab jetzt bergab geht. Ich denke nicht, dass ich schon gesättigt bin."
Diesbezüglich ein schmaler Grat ist die Vermarktung der Erfolge. "Das macht alles mein Manager Klaus Kärcher im Hintergrund, bei der WM war kein Raum dafür", sagte Fenninger, der Qualität vor Quantität geht. "Man muss aufpassen, dass es nicht zu viel wird, man soll sich für das Gute entscheiden."
Die diesbezüglichen Diskussionen über neue Sponsoren und Partner mit dem ÖSV seien normal. "Es gibt halt Meinungsverschiedenheiten. Jeder versucht das Beste, und ich stehe zwischendrin. Das Thema wird nach der Saison besprochen." Jetzt kommt ohnehin zuerst Adnet, kommt der Empfang. (APA, lü, DER STANDARD, 14.2.2015)