Die künstlerische Darstellung illustriert, wie nahe die beiden massereichen Zwergsterne einander umkreisen. Nur vier Stunden dauert ein vollständiger Umlauf.

Illustration: Gabriel Perez / SMM / IAC

Die Aufnahme des Very Large Telescope der ESO auf dem Paranal in Chile zeigt den asymetrisch geformten Planetarische Nebel Henize 2-428

Foto: ESO

Garching - Der Planetarische Nebel Henize 2-428 verbirgt in seinem Zentrum zwei unerwartet massereiche Zwergsterne, die sich gegenseitig umkreisen. Astronomen haben nun errechnet, dass sich die beiden Sterne allmählich immer näher kommen, um schließlich in rund 700 Millionen Jahren miteinander zu verschmelzen. Bei dem apokalyptischen Ereignis kommt soviel Materie zusammen, dass für das Sternenduo nur ein einziges Ende in Frage kommt: eine gewaltige Supernova-Explosion.

Das Team von Astronomen unter der Leitung von Miguel Santander-García vom Observatorio Astronómico Nacional, Alcalá de Henares und vom Instituto de Ciencia de Materiales de Madrid (CSIC) in Spanien hat ein enges Pärchen Weißer Zwerge entdeckt – winzig kleine, extrem dichte Sternüberreste – die zusammen eine Gesamtmasse von etwa 1,8 Sonnenmassen erreichen. Es handelt sich damit um das massereichste derartige Paar, das man bis heute entdeckt hat. Wenn diese beiden Sterne in kosmisch gesehen nicht allzu ferner Zukunft miteinander verschmelzen, wird die augenblicklich einsetzende thermonukleare Explosion den Stern in einer Supernova vom Typ Ia zerreißen.

Zufallsfund im dichten Nebel

Eigentlich wollten die Wissenschafter, die das massereiche Pärchen entdeckt haben, ein ganz anderes Problem angehen: Sie wollten herausfinden, warum einige Sterne am Ende ihres Lebens Nebel mit besonders seltsamen, asymmetrischen Formen ausbilden. Eines der Objekte, das sie dafür untersucht haben, war der ungewöhnliche Planetarische Nebel mit dem Namen Henize 2-428.

"Als wir den Zentralstern im Herzen dieses seltsam geformten, leuchtenden Gasnebels mit dem Very Large Telescope der ESO untersuchten, stellten wir fest, dass es sich nicht um einen einzigen, sondern um ein Sternpärchen handelt", erläutern Koautor Henri Boffin von der ESO. Diese Entdeckung stützte zunächst nur die Theorie, dass doppelte Zentralsterne die ungewöhnliche Form einiger dieser Nebel erklären könnten, aber ein weiteres interessantes Ergebnis stand noch aus.

"Nachfolgebeobachtungen mit Teleskopen auf den Kanarischen Inseln haben es uns dann schließlich ermöglicht, die Umlaufbahnen der beiden Weißen Zwerge zu bestimmen und daraus ihren gegenseitigen Abstand und ihre Massen zu ermitteln. Und dabei gab es dann eine große Überraschung", führt Romano Corradi fort, ein weiterer Koautor der Studie und Wissenschafter am Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC) auf Teneriffa.

In nur vier Stunden umeinander

Wie sich herausstellte, hat jeder der beiden Sternüberreste eine Masse von etwas unter einer Sonnenmasse. Ihre Umlaufdauer beträgt nur vier Stunden, damit sind sie einander nah genug, um innerhalb der nächsten 700 Millionen Jahre miteinander zu verschmelzen. Nach Einsteins Allgemeiner Relativitätstherorie senden sie dabei Gravitationswellen aus, während sie sich auf spiralförmigen Umlaufbahnen immer näher und näher kommen.

Der bei der Verschmelzung entstehende Stern wird so massereich sein, dass er unvermeidbar in sich zusammenstürzen und als Supernova explodieren wird. "Bis heute war die Entstehung von Supernovae des Typs Ia durch die Verschmelzung zweier Weißer Zwerge reine Theorie", erläutert David Jones, ebenfalls Koautor des Fachartikels und zur Zeit der Datennahme ESO-Fellow. "Das Sternpärchen von Henize 2-428 ist einfach unglaublich!"

"Es ist ein wirklich faszinierendes System", schließt Santander-García. "Diese Entdeckung wird die Untersuchung von Supernovae vom Typ Ia, die ja für die Bestimmung von kosmologischen Entfernungen sehr wichtig sind und dementsprechend auch der Schlüssel zu der Entdeckung waren, dass sich das Universum aufgrund der Dunklen Energie beschleunigt ausdehnt, in völlig neue Bahnen lenken". (red, derStandard.at, 15.2.2015)