Bild nicht mehr verfügbar.

Tatortermittler beim Café in Østerbro, wo am Samstag ein Mensch getötet wurde.

Foto: REUTERS/Hannibal Hanschke

Bild nicht mehr verfügbar.

Vor dem Café in Østerbro legten Trauernde am Sonntag Blumen nieder.

Foto: REUTERS/Hannibal Hanschke

Bild nicht mehr verfügbar.

Dänemarks Premierministerin Helle Thorning-Schmidt vor der Synagoge in der Kopenhagener Innenstadt, die Samstagnacht zum Anschlagsziel wurde.

Foto: REUTERS/Fabian Bimmer

Von "Chaos" und "Panik" berichten mehrere Medien, doch die Realität in Kopenhagen sieht anders aus: Für ein Wochenende mit drei Toten - darunter der mutmaßliche Attentäter - und fünf Verletzten sowie dem großen internationalen Medieninteresse bleiben die Kopenhagener überraschend gelassen. Am Samstagabend feiern viele wie üblich in Klubs oder machen es sich zu Hause gemütlich.

Wer um sechs Uhr früh durch die Innenstadt eilt, von einem Tatort zum nächsten, trifft auf viele gutgelaunte - und teils auch stark alkoholisierte - Menschen, die sich bloß über die Absperrungen wundern und die Umleitungen mit Humor in Kauf nehmen.

Auch die schwerbewaffneten Polizisten geben sich auffällig freundlich; einer sagt: "Ich stehe hier nur auf der kalten Straße ohne Informationen. Das habe ich mit den Passanten gemeinsam."

Das Ausmaß der Terrorattacken wird vielen erst am späten Sonntagvormittag bewusst; als die Nachricht von den Anschlägen den Frühstückstisch erreicht.

Schüsse auf Café in Kopenhagen

Alles begann am Samstagnachmittag, als ein vermummter Mann mit einer Schusswaffe das Feuer auf eine Konferenz zum Thema Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit eröffnete. An der Veranstaltung nahmen unter anderem auch der französische Botschafter und der umstrittene schwedische Mohammed-Karikaturist Lars Vilks teil. Ein Besucher der Veranstaltung, der Filmemacher Finn Nørgaard, wurde tödlich getroffen, drei Personen wurden verletzt.

In der Nacht auf Sonntag dann eine zweite Schießerei, bei einer Synagoge, circa fünf Kilometer entfernt vom ersten Tatort. Der 37-jährige Sicherheitsbeamte Dan Uzan wurde durch einen Kopfschuss getötet, zwei Polizisten wurden verletzt.

Taten eines Einzelnen

Am Sonntag wurde schließlich bekanntgegeben, dass Polizisten um fünf Uhr früh den mutmaßlichen Täter im Stadtteil Nørrebro erschossen hatten. Man kenne die Identität des Täters, er komme aus Kopenhagen. Der dänische Geheimdienst geht von einem den Behörden bereits bekannten Einzeltäter aus - in welchem Zusammenhang, wollte man nicht sagen. Dass der Täter sich von den Pariser Anschlägen motivieren lassen hat, gilt als wahrscheinlich. Es gab auch mehrere Verhaftungen und Hausdurchsuchungen in Kopenhagen, die die Polizei vorerst nicht kommentieren wollte.

Doch was sind die Konsequenzen dieser Anschläge für Dänemark? "Niemand soll damit davonkommen, die offene, freie und demokratische dänische Gesellschaft anzugreifen", sagte Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt am Sonntag. Gemeinsam mit anderen Ministern drückte sie den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus, "es ist ein unendlich trauriger Morgen, in dem wir alle an die Opfer und ihre Angehörigen denken. Zwei unschuldige Menschen haben ihr Leben in der Folge einer zynischen Terroraktion gegen Dänemark verloren."

Bedroht zu werden sei ein absurder Gedanke, sagte der für seine Mohammed-Karikaturen ebenfalls bekannte dänische Zeichner Kurt Westergaard zur dpa. "Journalisten, Zeichner und Karikaturisten arbeiten natürlich weiter. Man kann sie nicht verhindern, aber man kann ihnen natürlich drohen, und das macht auch einen sehr tiefen Eindruck."

Politischer Nutzen

Die Dänische Volkspartei könnte das Attentat nun nützen wollen, um Stimmung gegen Islam und Zuwanderung zu machen. Doch im Moment sieht es eher so aus, als könnte die Mitte-links-Regierung profitieren, so wie zuletzt auch Frankreichs Präsident François Hollande.

Immer wieder wurde an diesem blutigen Wochenende in Kopenhagen betont, der Täter sei ein Individuum gewesen, absolut nicht stellvertretend für die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft; man bekämpfe den Terror, nicht den Islam. Noch kennt man die Motive für die Bluttaten nicht, es wird aber angenommen, dass es eine ideologische Verbindung zum Charlie Hebdo-Anschlag gibt. Auch in Dänemark fragt man sich, ob man die Tat nicht vorhersehen konnte. (Nikolai Atefie aus Kopenhagen, DER STANDARD, 16.2.2015)