Wien - Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat erfolgreich die Grazer Einkaufsgemeinschaft Lyoness verklagt. Insgesamt seien 61 Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und Zusatz-AGB bei Lyoness gesetzeswidrig, das sei ein Negativrekord, teilte der VKI am Montag mit. Nun würde eine Sammelklage zur Rückforderung von Zahlungen geprüft.

"Das gab es soweit ich überblicke noch nie, dass so viele Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmens als intransparent für gesetzwidrig und unwirksam erklärt worden sind", so VKI-Juristin Ulrike Wolf.

Verwirrende Vielfalt

Die Konsumentenschützer haben die "Erweiterten Mitgliedsvorteile" für jene Mitglieder, die das "System Lyoness" aktiv als "Premiummitglieder" (vormals Businesspartner) für eine verwirrende Vielfalt von in Aussicht gestellten Vorteilen weiterverbreitet haben, als intransparent und gröblich benachteiligend eingeklagt. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) hat nunmehr sämtliche 61 Klauseln für gesetzeswidrig und damit unwirksam erklärt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der VKI wirft Lyoness vor, dass die "erweiterten Mitgliedsvorteile" viele Menschen dazu verleitet hätten, zwischen 2.000 und 25.000 Euro an Lyoness zu bezahlen, um diese Vorteile nutzen zu können. Betroffene hätten jedoch berichtet, dass sie die ihnen in Aussicht gestellten Vorteile nicht oder nur ungenügend erhalten haben. Viele wollten ihre Verträge mit Lyoness beenden und ihr Geld zurück. Dazu seien bis heute eine Reihe von Klagen bei verschiedenen Gerichten anhängig.

Unübersichtliches Regelwerk

Das HG Wien hat sich nun der Rechtsansicht des VKI angeschlossen, dass sich Lyoness in seinen AGB eines unübersichtlichen Regelwerks bedient, welches durch zahlreiche Verweise, Weiter- und Rückverweise jede Überblickbarkeit verliert und letztlich als intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG (Konsumentenschutzgesetz) bezeichnet werden muss. Ein Geschäftsmodell (welcher Art immer) darf eben nur so "komplex" ausgestaltet werden, dass es (in AGB) immer noch einigermaßen verständlich darstellbar ist. Dem werden diese 61 Klauseln in den AGB und Zusatz-AGB von Lyoness laut Gerichtsentscheid nicht gerecht.

Der VKI werde prüfen, ob sie jenen Geschädigten, die über keine Deckung durch eine Rechtsschutzversicherung verfügen, eine Sammelklage anbieten werden, um die einbezahlten Gelder zurückzufordern, kündigte VKI-Jurist Peter Kolba an. Dabei würde das Prozesskostenrisiko durch Beiziehung eines Prozesskostenfinanzierers abgesichert. Der Finanzierer würde in Form einer Erfolgsquote partizipieren.

Lyoness prüft

Lyoness will das nicht rechtskräftige Urteil des Handelsgerichtes Wien noch eingehend prüfen und fristgerecht entscheiden, ob Rechtsmittel eingelegt werden. Man sei auch dabei, die Altlasten abzuarbeiten, hieß es.

Lyoness betonte in einer schriftlichen Stellungnahme, dass von dem Urteil nur Lyoness Österreich betroffen sei und das Urteil insgesamt auch nur auf rund fünf Prozent der Lyoness-Mitglieder anzuwenden sei, die unternehmerisch für das Unternehmen tätig seien.

Das Verfahren sei zudem schon vor eineinhalb Jahren abgeschlossen worden und Lyoness dabei, die Altlasten aus den Jahren 2008 bis 2010 abzuarbeiten und das Unternehmen neu auszurichten. Dieser Prozess sei mittlerweile weitgehend abgeschlossen.

Neue AGBs

"Wir haben die angekündigte Trennung der Geschäftsbereiche längst umgesetzt", so Konzernsprecher Mathias Vorbach. Nunmehr seien unter Lyconet alle unternehmerisch tätigen Mitglieder zusammengefasst, unter Lyoness dagegen alljene, die nur die Shopping-Vorteile oder das Kundenbindungsprogramm nutzen. "Zudem haben wir seit 2014 gänzlich neue AGB etabliert, um die auf Verbraucher anwendbaren AGB strikt von jenen für unternehmerisch tätige Mitglieder zu trennen", so Vorbach.

Lyoness ist als "Cash-Back"-Unternehmen 2003 gegründet worden und ist inzwischen nach eigenen Angaben mit rund 1.000 Mitarbeitern in 46 Märkten weltweit als branchen- und länderübergreifende Einkaufsgemeinschaft für Konsumenten und als Kundenbindungsprogramm für Partnerunternehmen aktiv. (APA, 16.2.2015)