Salzburg - Wissenschafter der Universität Salzburg haben an einem im Tumorgeschehen involvierten Enzym eine bisher unbekannte Funktion entdeckt: Das Enzym Legumain kann Proteine nicht nur spalten, sondern sie auch neu verknüpfen. Welche Funktion es ausübt, hängt vom pH-Wert ab, also ob es in saurem oder basischen Milieu aktiv ist, berichten die Forscher im Fachjournal "Angewandte Chemie".

Das Enzym Legumain spielt in der Immunologie, speziell bei der Erkennung von fremden Proteinen, ebenso eine wichtige Rolle wie bei der Metastasierung von Tumoren. An der Oberfläche von Krebszellen kommt Legumain vermehrt vor, seine genaue Funktion dort war bisher nicht klar. Man ging davon aus, dass es wie alle verwandten Enzyme als sogenannte Protease wirkt und Proteine spaltet.

"Superenzym" mit Schalterfunktion

Die Strukturbiologen Hans Brandstetter und Elfriede Dall von der Universität Salzburg haben nun herausgefunden, dass Legumain nur in sauren Milieus als Protein-Schere fungiert. In neutralen Milieus, wie sie zum Beispiel bei Krebszellen vorhanden sind, erfüllt es genau die gegenteilige Funktion und baut Proteine zusammen. Es wirkt hier als sogenannte Ligase.

"Die pH-Abhängigkeit der beiden gegensätzlichen Aktivitäten legt nahe, dass die Lokalisierung des Enzyms seine Funktion bestimmt", so Dall. Brandstetter spricht von einem "Superenzym" mit einer unerwarteten vorwärts-rückwärts Schalterfunktion. Nach Angaben der Forscher ist die Unterscheidung der beiden Funktionen für die Entwicklung neuer Krebstherapien essenziell.

Unbekannter Energiespeicher

Die Wissenschafter konnten zudem zeigen, dass Legumain für den Aufbau von Proteinen mit dem Molekül Aspartimid einen bisher in der Natur völlig unbekannten Energiespeicher nutzt. Bisher galt das Molekül ATP als alleiniger Energielieferant in den Zellen.

Aspartimid dient dem Legumain gleichsam als Akku, der anstelle des üblicheren ATPs den Proteinaufbau ermöglicht und sich dabei zur Aminosäure Aspartat entlädt. Zum Wiederaufladen des Akkus nutzt Legumain die Energie, die es selber bei der Spaltung anderer Proteine freisetzt - "ein beeindruckendes Beispiel nachhaltiger Ressourcennutzung in der Natur", so Brandstetter. (APA/red, derStandard.at, 22.2.2015)