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Schwierige und lange Mission in Libyen: Vermittler Bernardino León.

Foto: EPA/SALVATORE DI NOLFI

Bei der dritten Runde des libyschen politischen Dialogs, der Ende September in der Oasenstadt Ghadames begonnen hatte, konnte UN-Vermittler Bernardino León letzte Woche einen ersten Erfolg verbuchen: Zum ersten Mal seien alle eingeladenen Teilnehmer erschienen und damit alle relevanten Gruppen des Konfliktes vertreten, bestätigte León, der die Gespräche als konstruktiv und die Atmosphäre als positiv bezeichnete. Auch jene, die die Gespräche bisher boykottiert hatten, waren dieses Mal angereist.

León kam allerdings mit den Vertretern des von der internationalen Gemeinschaft anerkannten Parlaments in Tobruk und den Abgeordneten des eigentlich aufgelösten Nationalkongresses in Tripolis, die sich bisher seinen Gesprächsangeboten verweigert hatten, noch getrennt zusammen. Konkrete Beschlüsse wurden keine gefasst. Alle Parteien wurden aufgefordert, sich für Deeskalation einzusetzen. Einig war man sich, dass die Arbeiten beschleunigt werden sollen und dass nach den Feierlichkeiten zum Gedenken des Revolutionsbeginns eine neue Runde angesetzt werden sollte.

Fernziel Einheitsregierung

Diese wird wahrscheinlich wieder in Genf stattfinden. Ziel der Gespräche ist es, eine neue Einheitsregierung zu schaffen, die ihre Tätigkeit wieder in der Hauptstadt Tripolis aufnehmen könnte, und die notwendigen Sicherheitsabsprachen zu treffen, um die Kämpfe zu beenden und den Rückzug der bewaffneten Gruppen aus den Städten einzuleiten.

Als Basis wurde eine Reihe von Grundsätzen festgeschrieben. Darunter fällt etwa die Achtung der "Prinzipien der Revolution des 17. Februar", der Respekt vor den staatlichen Institutionen, die Gewaltentrennung und die Ablehnung von Gewalt und Terror.

León hat schon mehrmals betont, dass der Prozess schwierig und langwierig werden würde. Derzeit sind die Gespräche aber der letzte Hoffnungsschimmer, dass ein flächendeckender Bürgerkrieg noch verhindert werden kann.

Block der Gegenregierung auseinandergefallen

Ausschlaggebend dafür, dass die bisherigen Boykotteure diesmal an den Verhandlungstisch gekommen sind, dürfte neben dem Druck aus dem Ausland mit gezielten Sanktionsdrohungen die Tatsache gewesen sein, dass der Block um die Gegenregierung in Tripolis und die mit ihr verbündeten Fajr-Milizen (Morgendämmerung) auseinandergefallen ist. Zuvor waren Politiker aus der Stadt Misrata ausgeschert und hatten Dialog befürwortet. Vor wenigen Tagen hat auch der Muslimbrüder-Parteichef Mohammed Sawan die Suche nach einer politischen Lösung begrüßt.

Aber es gibt immer noch viele Kritiker. Etwa jene, die befürchten, dass die Islamisten auf diesem Weg das politische Gewicht, das sie bei den Wahlen im Frühjahr 2014 verloren haben, nun durch die Hintertür wiedererhalten. Bisher wurde zudem das Thema Sicherheit ausgeklammert – deshalb gehen auch die Kämpfe weiter.

Die Verbindung zwischen politischen Kräften und den Milizen ist zum Teil recht lose. Die Kämpfer verfolgen ihre militärischen Ziele meist in Eigenregie. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 17.2.2015)