Nur 30 Exemplare wird es weltweit von der "RM 19-02 Tourbillon Fleur" aus dem Haus der Luxusuhrenmarke Richard Mille geben. Jedes wird rund eine Million Euro kosten.

Ganz abgesehen von der Limitierung, dem Diamantbesatz, dem Einsatz von Gold: Was rechtfertigt diesen Preis?

Da ist zunächst die spezielle Gehäuseform, die ein Markenzeichen der "Milliardärsmarke" Richard Mille ist: Sie gilt in der Welt der Uhrmacherei hinsichtlich ihrer Fertigung als die komplexeste. Die Wölbung auf der Ober- und Rückseite ist charakteristisch für Richard-Mille-Uhren, ob in Tonneau-, runder oder rechteckiger Form.

Absolute Präzision und ein völlig spannungsfreies Metall werden vorausgesetzt. Diese speziellen Anforderungen in Bezug auf die Gehäusekonstruktion wurden im Rahmen einer einjährigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit untersucht.

Die charakteristische Tonneau-Form (Abmessungen: 45.40 x 38.30 x 12.55 mm) erfordert 47 Stanzvorgänge, darunter 21 für die Prägung. Eine vierstündige Metallbearbeitung und nahezu 250 Fräsvorgänge sind zur Herstellung des Gehäuses der RM 19-02 notwendig. Die Veredelungsarbeit mit Schleifen, Satinieren und Polieren nimmt pro Gehäuse einen Tag in Anspruch.
Foto: Richard Mille

Platinen und Brücken aus Titan

Titan Grade 5 ist eine biokompatible Legierung, die äußerst korrosionsbeständig und hochfest ist, was das einwandfreie Funktionieren des Räderwerks gewährleistet. Die Zusammensetzung der Legierung aus 90 Prozent Titan, sechs Prozent Aluminium und vier Prozent Vanadium sorgt für eine noch höhere mechanische Festigkeit. Daher wird Titan Grade 5 häufig in der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie in der Automobilindustrie eingesetzt.

Die Brücken sowie die skelettierte Platine mit vollständig von Hand gravierten Blumenmotiven wurden zur Optimierung ihrer Widerstandsfähigkeit umfangreichen Validierungstests unterzogen.

In der RM 19-02 werkt das gleichnamige Handaufzugskaliber mit Tourbillon, Stunden, Minuten und Automat.
Foto: Richard Mille

Das fliegende Tourbillon bei 7 Uhr ist ein komplexer Regelmechanismus. Die Besonderheit des Käfigs des "fliegenden" Tourbillons ist der Verzicht auf eine obere Brücke, wodurch der freischwingende Tourbillonkäfig schwerelos erscheint. Das Tourbillon der RM 19-02 ist in der Mitte mit Edelsteinen besetzt, welche die Staubblätter einer Magnolienblüte symbolisieren.

Kinetisches Ballett

Die fünf handgefertigten und handbemalten Blütenblätter der Magnolienblüte bei 7 Uhr umranken das fliegende Tourbillon. Nach einer bestimmten Anzahl von Minuten oder bei Betätigung des Drückers bei 9 Uhr öffnet sich die Magnolie im regelmäßigen Rhythmus eines kinetischen Balletts.

Erst bei genauerem Hinsehen wird die Naturtreue deutlich: Bei jeder Öffnung der Magnolienblüte wird auch das fliegende Tourbillon mit seinen edelsteinbesetzten "Staubblättern" vollständig geöffnet und um 1 mm angehoben- so wie eine Blüte sich in die Höhe reckt, um bessere Chancen zu haben, bestäubt zu werden.
Foto: Richard Mille

Dieser komplexe Mechanismus im Herzen des Tourbillon-Uhrwerks funktioniert über fünf Hebel, die die verborgenen Seiten der Blütenblätter umschließen. Ein anderes System, bestehend aus einem langen Trieb, wird zum Anheben des fliegenden Tourbillons und seiner Staubblätter im Blütenumfang verwendet. Der Automat-Mechanismus nimmt die Energie eines speziell dafür vorgesehenen zweiten Federhauses auf.

Besonders beeindruckend ist das kleine mechanische Wunderwerk, wenn man es in Aktion sieht - wie in diesem Video, aufgenommen von den Kollegen von Hodinkee.com.
HodinkeeVideos

Die Liebe zum Detail ist extrem: So wird die Magnolienblüte wird durch ein vollständig handgraviertes Gold-Zifferblatt des Graveurs Olivier Vaucher zur Geltung gebracht. Die Gestaltung des Motivs und seine künstlerische Umsetzung erforderten stundenlange Arbeit, um dieses Kleinod aus Gold und Mikrolack zu vollenden.

Schade eigentlich: Die Magnolie wird wohl den Rest ihrer Tage im Safe irgendeines Sammlers zubringen. (Markus Böhm, derStandard.at, 16.2.2015)