Saftig, heiß, duftend und natürlich von Hand geschnitten - so wird der Pastrami im Reisingers von Adelheid Reisinger und Michael Vesely (l.) aufs Roggenbrot gehäuft.

Foto: Georges Desrues
Foto: Georges Desrues

Pastrami gehört zu New York wie das Schnitzel zu Wien. Wer bei Katz oder Carnegie nie Pastrami oder Reuben Sandwich hatte, war in gewisser Weise gar nicht in New York: Das Sandwich mit dem absurd groß anmutenden Berg saftstrotzender, mild geräucherter, gedämpfter und fein aufgeschnittener warmer Rinderbrust zwischen zwei Roggenbrotscheiben (beim Reuben noch mit Swiss Cheese und Sauerkraut aufgemotzt), steht exemplarisch für Amerika und die Idee, dass "big" auch "beautiful" sei. Was nicht von der Hand zu weisen ist: Gutes Pastrami bietet mollige Erfüllung, die sich wesentlich aus dem Überfluss speist.

In Wien war gutes Pastrami seit den 1930er Jahren nicht mehr zu haben, nachdem die Eingeborenen bekanntlich beschlossen hatten, sich der jüdisch geprägten Kultur und ihrer Träger auf barbarische Weise zu entledigen. Neben der Weltoffenheit, der einzigartigen Konzentration an Geist, Talent, Lebensfreude, die Wien damals zu einer der herrlichsten Metropolen des Globus machten, wurde so auch die Pastrami-Kunst ausgelöscht.

Grandios statt furztrocken

Das lässt sich anhand dessen nachprüfen, was seit ein paar Jahren in heimischen Deli-Abwandlungen als Pastrami verkauft wird: furztrocken, fettfrei, niedergesalzen und auch sonst hoffnungslos überwürzt - Prädikat ungenießbar. Seit vergangenem Dienstag hat sich das geändert, da hoben Adelheid Reisinger und Michael Vesely im Reisingers am Salzgries ihr Pastrami Sandwich aus der Taufe.

Mit Fleischhauer Hödl wurde ein Verfahren perfektioniert, der das Reisingersche Pastrami auf eine Stufe mit dem hebt, was man aus NYC kennt - mit dem Benefit, dass die Zutaten hier aus qualitätsbewusster Kleinstproduktion stammen: Fantastisch locker-knuspriges Roggenbrot, tolle Senfsauce, beste Stekovics- und Stauds-Gurken - vor allem aber ein Berg Fleisch, der einen in die Wonnen versunkener Zeiten entführt. Grandios ist gar kein Ausdruck! (DER STANDARD, 14.2.2015)