Lille - Im Zuhälterei-Prozess gegen Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hat die Staatsanwaltschaft einen Freispruch für den 65-Jährigen gefordert. Es könne nicht nachgewiesen werden, dass sich Strauss-Kahn der schweren Zuhälterei schuldig gemacht habe, sagte Staatsanwalt Frederic Fevre am Dienstag vor dem Gericht im nordfranzösischen Lille.

Gegen die 13 anderen Angeklagten im Prozess um Sexpartys mit Callgirls forderte Fevre meist Bewährungs- und Geldstrafen. "Weder die Ermittlungen noch die Gerichtsverhandlung haben den Beweis einer Schuld von Herrn Strauss-Kahn erbracht", sagte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer. Der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) müsse daher einen "klaren und schlichten" Freispruch erhalten. Die Bekanntheit des einstigen sozialistischen Spitzenpolitikers, der für die Präsidentschaftswahlen 2012 in Frankreich lange als aussichtsreichster Kandidat gehandelt worden war, dürfe nicht zu einer Schuldvermutung führen. "Ist ein mächtiger Mann zwangsläufig schuldig?" fragte Fevre.

Partys mit Callgirls

Strauss-Kahn war in dem Prozess zur Last gelegt worden, Sexpartys mit Callgirls unter anderem in Paris, Brüssel und Washington mitorganisiert zu haben. Der 65-Jährige räumte vor und während des Prozesses die Teilnahme an den Sexpartys ein. Er bestritt aber gewusst zu haben, dass es sich bei den Frauen um Prostituierte handelte.

Die Forderung der Staatsanwaltschaft, Strauss-Kahn freizusprechen, ist keine Überraschung: Bereits im Juni 2013 hatte sich die Behörde gegen eine Anklage Strauss-Kahns ausgesprochen und zur Begründung erklärt, es gebe nicht ausreichend belastendes Material. Die Untersuchungsrichter sahen dies aber anders und erhoben Anklage gegen den früheren französischen Wirtschafts- und Finanzminister.

Der Zuhälterei-Prozess gegen Strauss-Kahn und weitere 13 Angeklagte begann Anfang Februar in Lille. Er soll am Freitag enden, ein Urteil dürfte aber erst zu einem späteren Zeitpunkt fallen. Die Richter müssen der Forderung der Staatsanwaltschaft nach einem Freispruch für Strauss-Kahn zwar nicht nachkommen. Seine Chancen, einer Strafe zu entgehen, sind mit dem Schlussplädoyer des Staatsanwalts von Lille aber deutlich gestiegen. Bereits am Montag hatten auch mehrere Nebenkläger wegen Mangels an Beweisen ihre Forderung nach einer Verurteilung Strauss-Kahns zurückgenommen.

Die härteste Strafe - ein Jahr Gefängnis und 10.000 Euro Geldstrafe - forderte Fevre gegen den Zuhälter Dominique Alderweireld, der Callgirls zu den Sexpartys mit Strauss-Kahn geschickt haben soll. Der als "Dodo la Saumure" - "Saumure" bedeutet Salzlake und ist eine Anspielung auf einen umgangssprachlichen Ausdruck für Zuhälter - bekannte Franzose war in der Vergangenheit bereits 13 Mal verurteilt worden, darunter zwei Mal in Frankreich wegen Zuhälterei.

Gegen andere Angeklagte in dem von einem gewaltigen Medieninteresse begleiteten Prozess, unter ihnen Geschäftsleute, Hotelmanager, ein Polizist und ein Anwalt, wurden Haftstrafen auf Bewährung sowie Geldstrafen von bis zu 20.000 Euro gefordert.

Strauss-Kahn hatte im Mai 2011 wegen Vergewaltigungsvorwürfen eines New Yorker Zimmermädchens den IWF-Chefposten abgeben müssen. Ein Strafverfahren wurde später wegen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Frau eingestellt. (APA, 17.2.2015)